# taz.de -- Umweltsoziologe über Ökotrend und Politik: "Grüne müssen keine Angst haben"
       
       > Die Deutschen haben ein großes Umweltbewusstsein, meint Forscher Udo
       > Kuckartz. Daher müssten alle Parteien den Klimawandel in ihrem
       > Wahlprogramm verankern, um keine Stimmen zu verlieren.
       
 (IMG) Bild: Eine Lücke beim Klimaschutz koste die Parteien Prozente bei der Bundestagswahl, warnt Udo Kuckartz.
       
       taz: Herr Kuckartz, kommen Parteien ohne Öko bei den Wählern nicht mehr an? 
       
       Udo Kuckartz: Tatsächlich müssen Politiker den Umweltschutz abdecken, der
       Klimawandel ist bei den Bürgern längst angekommen, sie werden damit
       konfrontiert, etwa durch heiße, dürre Sommer. Jede Partei, die da eine
       Lücke hat, riskiert, im September bei der Bundestagwahl ein paar Prozente
       zu verlieren.
       
       Nehmen Wähler die Öko-Avancen überhaupt wahr? 
       
       Die Parteien müssen schon sehr laut darüber reden. Wenn Frank-Walter
       Steinmeier oder Angela Merkel sehr viel lauter über den weltweiten
       Klimawandel und ihre Rezepte dagegen reden würden, käme das bestimmt an.
       Als Punkt vier in einem Wahlprogramm wird das natürlich nicht wahrgenommen.
       Wer liest das schon.
       
       Welche Wähler legen denn besonders Wert auf Öko? 
       
       Die Städter, die Hochgebildeten, die Trendsetter - in den modernen Milieus
       ist Öko hip, schon seit Längerem. Gucken Sie sich an, wo sie Biosupermärkte
       finden, dort leben diejenigen, die die Parteien mit Öko ansprechen.
       
       Wie Öko sind die Deutschen? 
       
       90 Prozent der Deutschen finden Umweltschutz wichtig, aber beim Wissen
       hapert es oft. Sie können nicht sagen, dass jeden Tag 130 Arten aussterben
       oder dass die Landwirtschaft für mindestens 20 Prozent der Klimagase
       verantwortlich ist.
       
       Was ist den Deutschen am wichtigsten? 
       
       Politiker müssen glaubwürdig vermitteln, dass sie den Umweltschutz
       durchhalten, auch wenn es andere Probleme gibt. Der Kampf gegen die
       Erderwärmung und der Umstieg auf erneuerbare Energien sind fast allen
       Deutschen wichtig. Wie sich die Parteien da positionieren, ist vielleicht
       nicht der wichtigste Faktor für die Stimmabgabe - aber es ist einer.
       
       Wie hat sich das Umweltbewusstsein in den letzten Jahren entwickelt? 
       
       Mit der Wirtschaftskrise ist das Ökobewusstsein nicht gesunken, im
       Gegenteil: es ist gestiegen. Die Bevölkerung nimmt häufig eine kritischere
       Haltung ein als die Regierung. Und die meisten achten darauf, dass ein
       Kühlschrank wenig Energie verbraucht; sie finden Vorgaben dazu richtig.
       
       Wenn alle Öko machen, wo bleiben dann die Grünen? 
       
       Es gibt erhebliche Unterschiede. Jede Partei setzt sich ihr eigenes Ziel,
       wie stark die Treibhausgasemissionen gemindert werden sollen. Und die SPD
       schließt zum Beispiel den Neubau von klimabelastenden Kohlekraftwerken
       nicht aus, die Grünen tun das schon. Die einst alleinige Ökopartei muss
       noch keine Angst haben.
       
       23 Jun 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Gersmann
       
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