# taz.de -- Streit um Lärm auf öffentlichen Plätzen: Das große Marktgeschrei
       
       > Anwohnern ist der Markt auf dem Berliner Kollwitzplatz zu laut, sie
       > fordern seine Verlegung. Konflikte wie diesen gibt es viele.
       
 (IMG) Bild: Lautes Gemüse
       
       Touristen mögen ihn wegen der Promidichte. Ökofreunde lieben ihn fürs
       Gemüse. Anwohner aber … hassen den Wochenmarkt auf dem Kollwitzplatz in
       Prenzlauer Berg. Zumindest einige. "Wir wollen den Markt hier nicht", sagt
       Marina Lehmann. Daran haben auch zwei Stunden Diskussion im Speisesaal der
       Grundschule am Kollwitzplatz nichts ändern können. Lehmann und die
       Bürgerinitiative (BI) "Besser Leben im Kiez" nervt der Markt. Zu laut sei
       er, zu voll, zu einschränkend. Mehr als 200 Anwohner und Händler verfolgten
       am Montagabend erregt, wie Politiker, BI und Händler dazu an einem runden
       Tisch stritten.
       
       Beschwerden über den Markt habe es schon immer gegeben, heißt es vom
       Bezirksamt Pankow. Die aktuelle Auseinandersetzung aber begann, als der
       Markt 2007 wegen Bauarbeiten auf die andere Seite des Platzes verlegt
       wurde, in die Knaackstraße - provisorisch, hieß es. Als daraus ein
       Dauerzustand wurde, gründete sich die Initiative. Seither sammelt sie
       Unterschriften und schreibt Protestbriefe: Lieferverkehr hole die Anwohner
       aus dem Schlaf, Feuerwehrzufahrten seien verstellt, Sicherheitsabstände zu
       klein, der Aufbau beginne früher als erlaubt.
       
       Die Diskussion am Kollwitzplatz ist kein Einzelfall. An vielen Orten in
       Berlin haben jüngst Anwohner gegen Veranstaltungen vor ihrer Haustür
       protestiert. Dazu gehören das abendliche Get Together an der Admiralbrücke
       in Kreuzberg oder das Grillen am Falkplatz (siehe Kasten). 
       
       Andreas-Philipp Strube ist der Mann, auf den die geballte Kritik am
       Kollwitzplatz zielt. Er ist der Leiter des Markts. "Mein Kind, meine
       Existenz" nennt er ihn gegenüber der taz, und es klingt nicht nach einer
       Worthülse. Strube sitzt an diesem Abend am runden Tisch nur eine Armlänge
       entfernt von Lehmann. Doch reden mag sie längst nicht mehr mit ihm - "er
       hat mich oft genug auf der Straße zur Schnecke gemacht". Sie wolle den
       Markt zwar nicht eliminieren, so Lehmann, aber langfristig soll er eben
       weg, am besten zur Kulturbrauerei ein paar 100 Meter entfernt. Aktuell
       fordert sie, dass der Markt erst ab 9 Uhr aufbaut und nicht vor 11 Uhr
       öffnet.
       
       Strube räumt Fehler ein, weist aber die meisten Anschuldigungen zurück.
       "Ich habe das Gefühl, dass Sie den Markt nicht wollen", sagt er zu Lehmann.
       "Ich empfehle Ihnen, aufs Land zu ziehen."
       
       Es würde ins Klischee passen, wenn die Kritiker alle erst jüngst an den
       Kollwitzplatz gezogen wären und nun Gewachsenes torpedieren wollten. Das
       ist aber nicht so. Ein maßgeblicher Teil des Publikums sei seit Langem im
       Kiez zu Hause, schätzt der zuständige Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner
       (Grüne). Kirchner bestätigt Schwierigkeiten mit dem Markt; ganz
       unbescholten ist der Marktleiter auch für ihn nicht. "Wir müssen Herrn
       Strube ab und zu auf die Finger hauen", sagt er. "Das machen wir auch, aber
       mit weniger Geschrei." Grundsätzlich solle der Markt bleiben - "er ist
       eines der Markenzeichen von Prenzlauer Berg".
       
       Punkt vier der Tagesordnung an diesem Abend hatte vorgesehen, eine Lösung
       zu vereinbaren. Doch dazu kommt es auch nach zwei Stunden Debatte nicht. Im
       Oktober sollen beide Seiten wieder zusammensitzen, bis dahin sind der Markt
       und Marktleiter weiter unter Beobachtung, ob alle Auflagen eingehalten
       werden.
       
       Vor der Schule indes geht die Diskussion weiter. Claudia Seiring lebt seit
       zehn Jahren am Platz und kritisiert, dass kein Anwohner als Fürsprecher des
       Markts am runden Tisch gesessen habe. "Die Gegner sind aktiv, die
       Befürworter leider nicht." Sie verabschiedet sich mit dem Gedanken, ein
       T-Shirt zu drucken. Der Aufdruck: "Pro Kollo".
       
       24 Jun 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anne Siegmund
 (DIR) Stefan Alberti
       
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