# taz.de -- Kommentar Wahl in Albanien: Wandel der Mentalität
       
       > Premier Sali Berisha verkörpert die Transformation der albanischen
       > Politik selbst. 1993 zeigte er sich als hitziger, autoritärer Charakter.
       > Jetzt ist er strategischer Pro-Europäer.
       
       Bislang war in Albanien die Kultur des Kompromisses nicht gerade populär.
       Konkurrierende Gruppen, die sich hinter politischen Parteien verstecken,
       lösten Interessenkonflikte oft handgreiflich, geschossen wurde auch schon
       mal. Nach dem Zweiten Weltkrieg, nach über 40 Jahren Steinzeitkommunismus
       unter Enver Hoxha, nach einigen Jahren politischer und wirtschaftlicher
       Wirren, scheint es in Albanien nun eine Wende in der politischen Kultur zu
       geben.
       
       Ministerpräsident Sali Berisha verkörpert diesen Wandel in gewisser Weise
       selbst. Im Jahre 1993 zeigte er sich noch als aufbrausender, autoritärer
       Charakter. Der ehemalige kommunistische Parteisekretär der Medizinischen
       Fakultät und Umstürzler von 1990 musste damals den Übergang von der
       Diktatur hin zu einer demokratischen Gesellschaft bewerkstelligen. Und
       scheiterte.
       
       1999 hatte sich der ehemalige Hitzkopf zum strategischen Politiker
       gewandelt. Der Kosovokrieg war gerade beendet worden. Und Berisha lehnte
       eine großalbanische Perspektive ab. Das wichtigste Ziel sei die Integration
       Albaniens in die transatlantischen Strukturen und die EU. Seit seinem
       Wahlsieg 2005 verfolgte Berisha beharrlich dieses Ziel: Am 1. April 2009
       wurde Albanien Mitglied der Nato und stellte kurz darauf den Antrag auf
       Mitgliedschaft in der EU.
       
       Dass Berisha nur mit knappem Vorsprung die Wahl gewonnen hat, liegt daran,
       dass die Opposition genau dasselbe will wie er: in die EU. Jetzt muss das
       Land zeigen, dass es dazugelernt hat. Die unterlegene Partei muss das
       Wahlergebnis akzeptieren und nicht wilde Vorwürfe machen. Politiker, auch
       Sali Berisha, dürfen sich nicht länger von Interessengruppen
       funktionalisieren lassen, sondern müssen gesamtgesellschaftlich denken. Die
       Transition der bisherigen Mentalität ist eine wichtige Voraussetzung für
       den Weg nach Europa.
       
       1 Jul 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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