# taz.de -- Kino-Film "Ice Age 3": Elterngefühle auf Eis
       
       > Abenteuer in der Therapiegesellschaft - der Film "Ice Age 3" handelt von
       > Familiengründungen.
       
 (IMG) Bild: Die Stimme des "Ice Age"-Faultiers Sid: Otto Waalkes.
       
       Es klingt irgendwie nach Ursula von der Leyen, wenn man die Handlung dieses
       Films in dürren Worten nacherzählt. Ein Paar erwartet ein Kind. Die Mutter
       ist wohlauf. Der Vater ist im Kinderzimmer-Ausstattungswahn und
       überfürsorglich. Die Freunde fühlen sich vernachlässigt und drehen
       emotional am Rad. Zum Ende hin haben dann aber alle zusammen die
       anstehenden Abenteuer bestanden und dabei gelernt, dass bei einschneidenden
       Lebensereignissen ganz viel geredet und auch mal ein bisschen therapiert
       werden muss. Das wirkt wie aus einer Hochglanzbroschüre des
       Familienministeriums geklaut, Stichwort: emotionale Herausforderungen für
       Sie und Ihre Umgebung, wenn sich Nachwuchs einstellt.
       
       Aber die Umsetzung ist super! Eine wunderbar freigelassene Fantasie bei
       Formen und Farben. Feinste Nuancen in der Mimik der Figuren.
       Differenzierteste Schattierungen. Bewegungsabläufe, die gleichzeitig
       herzergreifend überdreht und natürlich aussehen. Man hat ja seit einiger
       Zeit schon im Animationsfilmbereich jedes Jahr wieder das Gefühl, dass es
       nun nicht mehr besser werden kann. Aber offenbar können die
       Animationsfreaks und Computernerds, die da rund um Los Angeles an den
       Rechnern sitzen und Pixel dazu bringen, wie feines Haar auszusehen, doch
       immer noch eine Schippe drauflegen.
       
       Jedenfalls: Wenn in "Ice Age 3" die bunte Truppe um Manni, das Mammut,
       Diego, den Säbelzahntiger, und Sid, das Faultier, nach dem ersten
       Filmdrittel in die Parallelwelt der Dinosaurier abtaucht und dabei
       Abenteuer à la Indiana Jones erlebt, dann muss man sich mehr als einmal die
       Augen reiben: Man hat beim Zugucken schlicht vergessen, in einem
       Animationsfilm zu sitzen. So rasant kommen die Verfolgungsjagden daher.
       
       Das Geheimnis liegt aber auch in der Ernsthaftigkeit, mit der hier die
       Figuren entwickelt und in ihren emotionalen Bögen begleitet werden. Die
       entscheidende Weichenstellung im "Ice Age"-Universum bestand darin, im
       zweiten Teil Manni mit Ellie, seinem weiblichen Mammut-Gegenstück,
       zusammentreffen zu lassen. Aus dem, was daraus folgt (kühl formuliert:
       Gefühlsproduktion, Ausarbeitung von intimen Liebescodes, Paarwerdung), wird
       nun entschlossen die Handlung weiterentwickelt. War "Ice Age 1" noch ein
       zauberhafter Buddyfilm - drei Junggesellen retten ein Baby und bilden die
       krasseste Herde, die man je gesehen hat -, geht es jetzt um
       Familiengründung.
       
       Was in unseren post-rollenzentrierten Zeiten auch bedeutet, dass Manni
       lernen muss, sich mit seinem Kumpel Diego - der seine narzisstischen
       Kränkungen nicht recht zu bearbeiten versteht - über Gefühle auszutauschen.
       Und natürlich macht Sid, was er eh am besten kann: Slapstick und auch sonst
       viel Quatsch. Er brütet drei Dinosauriereier aus, versteht die Babys als
       seine Ersatzfamilie - muss dann aber doch begreifen, dass noch so süße
       Tyrannosaurus-Rex-Junge mit Broccoli nicht satt zu kriegen sind. Niedlich
       mögen sie sein. Fleischfresser bleiben sie dennoch.
       
       Man kann den ersten Teil immer noch charmanter finden, muss aber
       anerkennen, dass dieser dritte Teil aufgeklärte Familienunterhaltung auf
       allerhöchstem Mainstream-Niveau ist. Den in Episoden zerfallenden zweiten
       Teil schlägt er um Längen. Nur Ellie, die erst werdende, dann gewordene
       Mutter, muss einen Tick zu tapfer den Laden zusammenhalten. Während bei
       Väter- und Männerrollen die Komik oft von selbst kommt, wenn man sie nur,
       wie hier, ironisch genug angeht, hat man damit bei Mutterrollen offenbar
       immer noch Schwierigkeiten.
       
       Scrat, die Säbelzahneichratte mit der tragikomischen Nuss-Fixierung, kommt
       selbstverständlich auch wieder vor. Er trifft auf eine Fastartgenossin (nur
       mit Flughäuten, was in einer hübschen Szene, als beide einen Abhang
       hinunterstürzen, den entscheidenden Unterschied macht) und zelebriert im
       Kontrast zur Haupthandlung den Geschlechterkampf. Es zeugt schon von
       abgrundtiefem Witz, im B-Strang ausgerechnet Scrat, dieses gebeutelte,
       verhuschte Wesen, das heiße Liebesdrama von Verführung und Verrat
       durchspielen zu lassen. Toll! Klar geht dabei auch wieder alles schief.
       Umso fröhlicher stimmt in der Haupthandlung das Happy-End.
       
       3 Jul 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dirk Knipphals
       
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