# taz.de -- Zukunftschancen der Piratenpartei: "Wir glauben an die fünf Prozent"
       
       > Mit knapp 8.000 Mitgliedern sind sie schon jetzt eine mitgliederstarke
       > Partei. Werden die Piraten die neuen Grünen in der deutschen
       > Parteienlandschaft? Die Konkurrenz glaubt: nein.
       
 (IMG) Bild: Zum selber ausfüllen: Plakate der Piratenpartei zur Bundestagswahl.
       
       BERLIN taz | Die Demonstration "Freiheit statt Angst" war für die
       Piratenpartei Wahlkampfhöhepunkt. Der "Piraten-Truck" war der mit Abstand
       größte Musikwagen der Demo, keine andere Partei hat so viele Aktivisten aus
       dem ganzen Bundesgebiet auf die Beine gebracht.
       
       Karla etwa. Sie überlegt, die Piratenpartei zu wählen. Denn sie ärgert sich
       über die Ignoranz der etablierten Politik gegen Computerspiele. Auch andere
       stören sich an der angeblichen Technikblindheit im Deutschen Bundestag.
       Mitja, Parteimitglied, ist gerade 18 Jahre alt geworden und sagt: "Die
       Piratenpartei ist die erste Partei, mit der ich 100-prozentig
       übereinstimme." Er sei einfach mal zum Stammtisch gegangen, weil es ihn
       ärgere, dass "die meisten Politiker von IT so wenig verstehen". Dass die
       Piraten ihre Gruppen "Crews" und "Squads" nennen, findet Mitja, Schüler auf
       einem IT-Gymnasium, aber etwas kindisch.
       
       Eine "Crew" ist eine Art Basisgruppe von etwa zehn Menschen. Würden es
       mehr, so könne man nicht mehr vernünftig arbeiten, sagen viele. Inhaltliche
       Arbeitsgruppen heißen bei den Piraten "Squads". In Berlin gibt es auch ein
       Tierrechts-Squad – grundsätzlich wolle man sich aber vorerst auf
       Überwachungs-Themen beschränken, betont Jens Seipenbusch, Vorsitzender der
       Piratenpartei. "Bürgerrechte sind Priorität."
       
       Gegründet im September 2006, ist die Piratenpartei mit knapp 8.000
       Mitgliedern inzwischen die mitgliederstärkste derjenigen Parteien, die
       nicht in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten sind. Bei der Europawahl
       bekam sie 0,9 Prozent der abgegebenen Stimmen, aktuell liegt sie in
       Umfragen bei bundesweit ein bis zwei Prozent.
       
       Für die Bundestagswahl 2009 verfügt die Piratenpartei über ein Budget von
       200.000 Euro, eingeworben meist über zweckgebundene Spenden. 30.000
       Wahlplakate hat sie gehängt.
       
       Die Piraten glauben an ihren Einzug in den Bundestag: "Es ist unser
       Wahlziel, fünf Prozent zu bekommen", meint der Piratenparteivorsitzende
       Jens Seipenbusch. Die Schweden hätten vor ihrem grandiosen
       Europawahlergebnis schließlich auch wochenlang bei nur 3 Prozent gelegen
       und dann doch 7,1 Prozent der Stimmen errungen.
       
       Erfolge habe man eh schon erzielt: "Wir haben in allen Parteien
       Diskussionen angestoßen", meint Seipenbusch. In der SPD und bei den Grünen
       hätten sich "Piraten"-Gruppen zusammengefunden - Menschen, die sich
       besonders für die Netzpolitik interessieren und diese in ihren Parteien
       voranbringen wollen.
       
       Nicole Hornung ist die einzige Frau im Bundesvorstand der Piraten. "Ich
       wurde gewählt, weil sie mich wählen wollten, nicht wegen einer
       Quote."Angeblich steigt der Frauenanteil zurzeit an: "Aktuell kommen
       definitiv mehr Frauen zu uns", meint Florian Bischof, Landesvorsitzender in
       Berlin. Das liege auch daran, dass über Mund-zu-Mund-Propaganda inzwischen
       auch Menschen aus anderen Szenen als lediglich der Computer-Subkultur zur
       Piratenpartei fänden.
       
       "Wenn die Piratenpartei in den Bundestag kommt, wird das die Geschichte
       Europas verändern," sagt Christian Engström, einer von voraussichtlich zwei
       Piraten-Europaparlamentariern aus Schweden. In Schweden ist die
       Vorratsdatenspeicherung noch nicht ratifiziert worden. Es standen Wahlen
       an, und die etablierten Parteien befürchteten, im Fall der Ratifizierung
       Wähler an die Piraten zu verlieren.
       
       Engström hat sich im Europaparlament der grünen Fraktion angeschlossen -
       auch mit den Liberalen hatte er geliebäugelt. Entscheidendes Argument war
       für ihn, dass in der grünen Europafraktion schon eine aktive Arbeitsgruppe
       zu den Themen der Informationsgesellschaft existierte.
       
       Die Grünen sagen, alles, was die Piratenpartei fordere, sei bei ihnen
       längst Parteiprogramm. Christian Ströbele sagt: "Die Piratenpartei ist eine
       Wenige-Punkte-Partei." Die Grünen formten sich aus der Friedens-, der
       Frauen- und der Ökologiebewegung, aus sozialen Bewegungen und
       kommunistischen Gruppen. Vergleiche mit den Grünen würden nur von
       denjenigen gezogen, die damals nicht dabei waren. "Auch mit den Grünen in
       den 80ern ist die Piratenpartei nicht zu vergleichen."
       
       13 Sep 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Seeliger
       
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