# taz.de -- Metzler-Mörder gegen Hessen: Gutachter ausgetauscht
       
       > Der Kindsmörder Magnus Gäfgen fordert vom Land Hessen Schmerzensgeld
       > wegen Gewaltandrohung. Jetzt tauscht das Gericht den renommierten
       > Gutachter Leygraf aus.
       
 (IMG) Bild: Die Polizei am 2. Oktober 2002 in der Nähe des Sees, in dem die Leiche des Jungen gefunden wurde.
       
       FREIBURG taz | Im Schmerzensgeldprozess des Mörders Magnus Gäfgen gegen das
       Land Hessen wurde jetzt der renommierte Gutachter Norbert Leygraf als
       Sachverständiger wegen Befangenheit abgelehnt. Leygraf soll einem
       Journalisten ein Gutachten mit intimen Details zu Gäfgens Sexualleben
       gegeben haben.
       
       Der damalige Jurastudent Gäfgen entführte und erstickte 2002 den
       Bankierssohn Jakob von Metzler. Nach Gäfgens Verhaftung drohte der
       Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner, ihm Schmerzen
       zuzufügen, "wie er sie noch nie verspürt" habe. Gäfgen führte die Polizei
       daraufhin aber nur zur Leiche des Kindes.
       
       Jetzt verlangt Gäfgen, der inzwischen zu lebenslanger Haft verurteilt
       wurde, Schmerzensgeld und Schadensersatz vom Land Hessen. Er leide wegen
       Daschners Folterdrohung unter Angstzuständen. Der Prozess wird weithin
       kritisiert, weil Gäfgen sich selbstgerecht als Opfer in Szene setze. Als
       Selbstdarsteller wurde Gäfgen auch angegangen, als er in der Haft ein Buch
       schrieb ("Allein mit Gott, Der Weg zurück") und erfolglos versuchte, eine
       Stiftung zugunsten von Verbrechensopfern zu gründen.
       
       Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer will bei dem Schmerzensgeldprozess jedoch
       herausfinden, wer Daschners Vorgehen im hessischen Innenministerium gedeckt
       hat. Daschner hatte im Strafprozess gesagt, er habe sich mit einem
       Vorgesetzten in Wiesbaden abgestimmt, dessen Name er aber nicht nennen
       wollte. "Im Zivilprozess hat Daschner kein Aussageverweigerungsrecht mehr",
       betont Anwalt Heuchemer.
       
       Dass der Prozess stattfinden kann, hat 2008 das Bundesverfassungsgericht
       durchgesetzt. Die Frankfurter Gerichte hatten Gäfgen keine
       Prozesskostenhilfe geben wollen. Gäfgen habe bereits dadurch Genugtuung
       erfahren, dass Daschner 2004 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe auf
       Bewährung verurteilt wurde. Karlsruhe meinte dagegen, Gäfgens Klage weise
       schwierige Rechtsfragen auf, die in einer Hauptverhandlung geklärt werden
       sollten.
       
       Zur Vorbereitung des Prozesses beauftragte das Landgericht Frankfurt den
       Sachverständigen Norbert Leygraf von der Uni Duisburg/Essen. Er sollte
       prüfen, ob Gäfgen traumatisiert ist. Leygraf ist einer der renommiertesten
       Gerichtspsychiater Deutschlands. Zuletzt begutachtete er zum Beispiel
       Brigitte Mohnhaupt (Ex-RAF) oder den Kofferbomber von NRW, Youssef al-H.
       
       Allerdings hatte sich Leygraf 2007 im Rheinischen Merkur negativ über
       Gäfgen geäußert: "Herr Gäfgen hat sich bis heute nicht im Geringsten mit
       seiner Tat auseinandergesetzt." Anwalt Heuchemer sah darin ein Indiz für
       Voreingenommenheit, weil Leygraf den Inhaftierten zuletzt 2003 gesehen
       hatte. Zudem stellte sich nach taz-Informationen heraus, dass Leygraf dem
       Journalisten Benedikt Vallendar ungefragt eine Kopie des Gäfgen-Gutachtens
       zeigte und sogar überließ. "Darin geht es auch um intimste Fragen, etwa der
       Sexualentwicklung von Herrn Gäfgen", kritisierte Heuchemer gegenüber der
       taz. Heuchemer hat im Namen von Gäfgen inzwischen gegen Leygraf
       Strafanzeige wegen Verletzung von Privatgeheimnissen erstattet.
       
       Außerdem hat Leygraf versucht, den Journalisten unter Berufung auf den
       Informantenschutz zum Stillschweigen über die Weitergabe des Gutachtens zu
       bringen, was Vallendar aber ablehnte. In einer Stellungnahme für das
       Gericht räumte Leygraf darauf ein, er erinnere sich nicht an die
       Einsichtgewährung, könne sie aber "letztlich nicht sicher bestreiten".
       
       Das Landgericht Frankfurt entband Leygraf Ende September wegen möglicher
       Befangenheit von seiner Aufgabe als Gutachter. Ein neuer Gutachter wurde
       bereits bestellt, der Prozessbeginn wird sich nun jedoch um Monate
       verzögern.
       
       5 Oct 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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