# taz.de -- Ex-Cap-Anamur-Chef Bierdel: "Ich freue mich nicht"
       
       > Der Ex-Cap Anamur-Chef Elias Bierdel ist freigesprochen. Doch froh ist er
       > nicht. Er wirft Otto Schily vor, seine Organisation diskreditiert zu
       > haben – und auf See ändere sich auch nichts
       
 (IMG) Bild: Elias Bierdel, Vorsitzender der Hilfsorganisation Komitee Cap Anamur.
       
       taz: Herr Bierdel, Sie freuen sich jetzt wahrscheinlich. 
       
       Elias Bierdel: Ich verstehe, dass die Menschen, die uns die ganze Zeit
       unterstützt haben, sich jetzt mit uns freuen. Aber ich kann mich nicht
       wirklich freuen.
       
       Warum? 
       
       Das Urteil ist ja nicht rechtskräftig. Binnen 90 Tagen wird das Gericht
       sein Urteil begründen, dann kann der Staatsanwalt in Berufung gehen. Das
       würde für uns bedeuten, dass wir die nächsten drei Jahre vor dem Gericht in
       Palermo - der nächsthöheren Instanz - zubringen. Jubeln können wir erst,
       wenn gilt: Es darf nicht in Frage stehen, dass die Rettung von Menschen in
       Not Vorrang hat.
       
       Ändert sich etwas durch das Urteil? 
       
       An dem schrecklichen Geschehen auf der See ändert sich momentan gar nichts,
       wenn europäische Einheiten unter deutscher Beteiligung Flüchtlingsboote
       aufbringen und abdrängen. Erst in der letzten Nacht sind 40 Menschen hier
       bei Agrigent an Land gegangen, und sie haben berichtet, dass bei der
       Landung sieben weitere Personen ertrunken sind; eine Leiche wurde schon
       gefunden. Das Sterben geht weiter.
       
       Also kein Grund zur Zuversicht? 
       
       Es ist nicht abzusehen, dass die europäische Politik von diesem
       wahnsinnigen Weg, die Immigrationsfrage in die Hand von Militärs zu legen,
       abkommen wird. Und im Zweifelsfall landen die Retter vor Gericht. Ich wurde
       hier zusammen mit Stefan Schmidt länger als fünf Jahre durch einen solchen
       Schandprozess gezogen, mit einer völlig entfesselten Justiz und Politik.
       
       Wie haben Sie sich aus Deutschland unterstützt gefühlt? 
       
       Von den meisten Medien sind wir damals aufs Übelste verleumdet worden. Und
       bei der Urteilsverkündung war zwar der stellvertretende deutsche
       Generalkonsul von Neapel anwesend, aber während des ganzen Prozesses hat
       sich sonst niemand blicken lassen. Und ich vergesse nicht, dass es der
       deutsche Innenminister Otto Schily war, der uns mit höchst fragwürdigen
       Methoden in diesen Prozess hineinmanövriert hat.
       
       Was werfen Sie ihm vor? 
       
       Er hat in der Öffentlichkeit jede Gelegenheit genutzt, Zweifel an der
       Lauterkeit unserer Motive zu wecken. Zugleich haben staatliche Stellen aus
       Deutschland und Italien Falschmeldungen in die Welt gesetzt, die uns
       diskreditierten. INTERVIEW: MICHAEL BRAUN
       
       8 Oct 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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