# taz.de -- Prozess gegen Italien-CIA-Chef: Enttäuschung über Urteil
       
       > Die Anwälte des entführten und gefolterten ägyptischen Scheichs Abu Omar
       > wollen in Berufung gehen. Eine Auslieferung der verurteilten CIA-Agenten
       > nach Italien ist nicht in Sicht.
       
 (IMG) Bild: Fast vier Jahre saß Abu Omar in Haft und wurde schwer gefoltert, ehe er im Februar 2007 freikam.
       
       Gleich 22 CIA-Agenten wurden zu fünf Jahren Haft verurteilt, der damalige
       Italien-Chef der CIA erhielt acht Jahre und zwei italienische
       Geheimdienstler drei Jahre. Auf den ersten Blick ist das Urteil eines
       Mailänder Gerichts im Prozess um die Entführung des ägyptischen Imams Abu
       Omar mehr als deutlich. Und doch reagierte am Donnerstag das damalige Opfer
       enttäuscht - ebenso übrigens wie seine Gegner aus den USA.
       
       In Mailand war Abu Omar am 17. Februar von einem CIA-Kommando auf offener
       Straße verschleppt worden. Seine Entführung gehörte zum Programm der
       "außerordentlichen Überstellungen" von wirklichen oder vermeintlichen
       islamistischen Terroristen in US-Geheimgefängnisse rund um den Erdball. Abu
       Omar, der an einer Mailänder Moschee predigte und als Al-Qaida-Sympathisant
       galt, wurde nach seiner Entführung auf die US-Airbase Aviano geschafft und
       dann über Ramstein nach Ägypten ausgeflogen. Fast vier Jahre saß er dort in
       Haft und wurde schwer gefoltert, ehe er im Februar 2007 freikam.
       
       Doch der CIA-Trupp in Mailand hatte wohl auch kaum damit gerechnet, dass
       sich mit Armando Spataro ein besonders hartnäckiger Staatsanwalt der
       Entführung annehmen würde. Spataro gelang es, per Auswertung der
       Handy-Verbindungsdaten in der Zone des CIA-Zugriffs die Agenten ebenso wie
       Kontaktpersonen aus dem italienischen Geheimdienst ausfindig zu machen. Er
       erhob Anklage gegen 25 US-Bürger, aber auch gegen den seinerzeitigen Chef
       des italienischen Militär-Geheimdienstes, Nicolò Pollari, dessen Vize Marco
       Mancini und fünf weitere italienische Geheimdienstler.
       
       Keinerlei Unterstützung erfuhr Spataro von den italienischen Regierungen.
       Schon das Mitte-links-Kabinett unter Romano Prodi (2006-2008) weigerte
       sich, das Auslieferungsersuchen für die CIA-Agenten in den USA
       voranzutreiben, und verhängte zudem das Staatsgeheimnis über den
       Entführungsfall; wichtige Akten waren damit für die Ermittlungen gesperrt.
       Die seit 2008 amtierende Regierung Berlusconi hielt an diesem Kurs fest.
       Gegen die US-amerikanischen Angeklagten wurde deshalb in Abwesenheit
       verhandelt.
       
       Am Ende lauteten Spataros Strafanträge auf 13 Jahre Haft für den
       seinerzeitigen italienischen CIA-Residenten Bob Lady und Pollari sowie auf
       Haftstrafen von acht bis 12 Jahren für die anderen Angeklagten. Das Gericht
       folgte den Anträgen aber weder für jene drei US-Bürger, die als Angehörige
       der Botschaft diplomatische Immunität genossen, noch für die italienischen
       Geheimdienstchefs. Bloß zwei nachrangige Beamte wurden wegen Beihilfe zu
       drei Jahren verurteilt. Angesichts der Verhängung des Staatsgeheimnisses,
       so das Gericht, könne die Rolle Pollaris und seiner Untergebenen nicht
       juristisch bewertet werden.
       
       Entsprechend unzufrieden mit dem Urteil äußerte sich deshalb am Donnerstag
       Abu Omar in der Tageszeitung La Stampa: "Ein wichtiger Teil der Wahrheit
       über meine Entführung fehlt. Ich halte ihn (Pollari) für genauso
       verantwortlich wie die anderen. Ich denke nicht, dass Recht gesprochen
       worden ist." Abu Omar kündigte an, seine Anwälte würden in die Berufung
       gehen.
       
       Das werden auch die Anwälte der US-Angeklagten tun. "Tiefe Enttäuschung"
       über das Urteil äußerten Sprecher des Außen- und Verteidigungsministeriums.
       Fürchten müssen die US-Angeklagten vorerst nichts. Rom zeigt auch jetzt
       keine Neigung, ihre Auslieferung zu verlangen. Am Ende wird wohl niemand
       für die Entführung büßen: die Italiener nicht wegen des Staatsgeheimnisses,
       die US-Amerikaner nicht, weil sie nicht ausgeliefert werden.
       
       6 Nov 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
       ## TAGS
       
 (DIR) CIA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Italiens Justiz knickt vor Geheimdienst ein: Verbrechen im Staatsauftrag
       
       Obwohl sie an der Entführung von Abu Omar beteiligt waren, werden
       Geheimdienstler in Italien freigesprochen. Es war eine Auftragsarbeit für
       die CIA.
       
 (DIR) CIA-Agenten bleiben unbehelligt: Wenig zu befürchten
       
       Ermittlungen wegen CIA-Entführungen und ähnlicher Vorwürfe blieben in
       Deutschland meist im Ansatz stecken. Und Auslieferungsanträge wurden nicht
       zugestellt.