# taz.de -- Italiens Justiz knickt vor Geheimdienst ein: Verbrechen im Staatsauftrag
       
       > Obwohl sie an der Entführung von Abu Omar beteiligt waren, werden
       > Geheimdienstler in Italien freigesprochen. Es war eine Auftragsarbeit für
       > die CIA.
       
 (IMG) Bild: Die italienische Regierung will es sich mit dem US-Geheimdienst nicht verderben.
       
       ROM taz | Freispruch auf der ganzen Linie. Mit diesem letztinstanzlichen
       Urteil endete am Montag der Prozess gegen fünf italienische
       Geheimdienstler, die der Beteiligung an der Entführung eines ägyptischen
       Imams durch die CIA angeklagt waren. Elf Jahre nach der Tat hat das
       Kassationsgericht in Rom jetzt einen Schlussstrich unter den Fall gezogen.
       
       Der frühere Chef des Militärgeheimdienstes Sismi, Nicolò Pollari, der noch
       in der Vorinstanz zehn Jahre Haft erhalten hatte, sein Vize Marco Mancini
       (neun Jahre) und drei weitere Geheimdienstler (je sechs Jahre) wurden
       allesamt freigesprochen. Die Richter folgten dem Argument, dass das sie
       belastende Material wegen Verhängung des Staatsgeheimnisses durch die
       italienische Regierung nicht verwertbar war.
       
       Die spektakuläre Entführung gehörte zu den von den USA organisierten
       „extraordinary renditions“ („außerordentliche Überstellungen“), bei denen
       nach dem Anschlag auf die Twin Towers am 11. September 2001 rund um den
       Erdball Al-Qaida-Verdächtige aufgegriffen, in Geheimgefängnisse geschafft
       und oft genug auch gefoltert wurden.
       
       Der Imam Abu Omar wurde am 17. Februar 2003 in Mailand auf dem Weg zu
       seiner Moschee auf offener Straße von CIA-Agenten in einen Kleinbus
       gezerrt, über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in der Oberpfalz nach
       Ägypten ausgeflogen, dort weggesperrt und gefoltert.
       
       Doch die Mailänder Justiz stellte – anders als so gut wie in allen anderen
       Fällen weltweit – intensive Ermittlungen an. Ihr gelang es, 23 CIA-Agenten
       als Tatbeteiligte dingfest zu machen und auch die italienischen
       Geheimdienstchefs sowie ihre Mitarbeiter wegen Mittäterschaft vor Gericht
       zu bringen.
       
       ## Eindeutige Spuren
       
       Die sorglos agierenden Amerikaner hatten reichlich Spuren hinterlassen, in
       den von ihnen genutzten Hotels wie auch mit ihrem Handyverkehr rund um den
       Tatort.
       
       Beginnend beim Chef des Kommandos Bob Lady wurden die CIA-Leute im Jahr
       2012 zu Haftstrafen von bis zu neun Jahren verurteilt. Doch da sie sich
       alle in den USA aufhielten, konnte die italienische Justiz ihrer nicht
       habhaft werden. Hinzu kam, dass die Regierung in Rom nie ein
       Auslieferungsersuchen an die US-Regierung stellte.
       
       Straflos kommen jetzt aber auch die italienischen Angeklagten davon. Noch
       im Jahr 2012 hatte sich das Kassationsgericht gegen eine „zu ausgedehnte
       Auslegung des Staatsgeheimnisses“ ausgesprochen – jenes Staatsgeheimnisses,
       das alle Regierungen seit 2007 geltend machten.
       
       ## Regierung schützt die Entführer
       
       Doch am Ende entschied das von der Regierung angerufene Verfassungsgericht
       vor wenigen Wochen, die Regierung habe durchaus das Recht, auf diese Weise
       die Geheimdienstspitzen zu schützen und die Details der Beziehungen
       zwischen der CIA und dem italienischen Dienst Sismi der Öffentlichkeit
       vorzuenthalten.
       
       Das gelte auch dann, wenn diese Beziehungen mit Verbrechen „in Verbindung
       zu bringen sind“, jedenfalls so lange, wie „das Handeln der Agenten
       objektiv auf den Schutz der Sicherheit des Staates gerichtet“ sei.
       
       Mit diesem Freibrief des Verfassungsgerichts waren die Chefs des
       italienischen Sismi aus dem Schneider. Das Kassationsgericht hatte jetzt
       bei seiner Entscheidung keinerlei Entscheidungsspielraum mehr; ihm blieb
       nur der Freispruch.
       
       Als allerletzte rechtliche Möglichkeit bleibt Abu Omar jetzt nur noch der
       Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Konkret aber würde auch ein
       dort gefällter Spruch gegen Italien nichts ändern: Die Taten verjähren
       nämlich schon im April 2014.
       
       25 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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