# taz.de -- Kopenhagener Klimagipfel: Tadzio Müller bleibt länger in Haft
       
       > Der Berliner Klimaschutzaktivist und Sprecher des Protestnetzwerks
       > "Climate Justice Action", Tadzio Müller, bleibt in Dänemark weiter in
       > Haft. Weitere NGO-Sprecher wurden gezielt festgenommen.
       
 (IMG) Bild: Klimaaktivist in den Fängen der dänischen Polizei.
       
       KOPENHAGEN taz | Ein Gericht in Kopenhagen verlängerte am Dienstag die
       Untersuchungshaft des Berliner Klimaschutzaktivist und Sprecher des
       Protestnetzwerks "Climate Justice Action" (CJA), Tadzio Müller, um zunächst
       um drei Tage. Zeitgleich nahm die Polizei in Kopenhagen am Mittwoch gezielt
       weitere SprecherInnen von CJA fest.
       
       Die Polizei wirft Müller vor, zu Gewalt gegen Polizisten und zum
       Landfriedensbruch aufgerufen zu haben. Der Gerichtstermin hatte unter
       Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Laut Polizei geschah dies, "um
       die Ermittlungen nicht zu gefährden," weil dort "sensibles
       Überwachungsmaterial" präsentiert wurde. Vor Gericht legte die Polizei laut
       der dänischen Tageszeitung "Politiken" Mitschnitte von Telefongesprächen
       und SMS vor.
       
       Das "Climate Justice Action"-Netzwerk hatte für Mittwoch dazu aufgerufen,
       zum Bella Center, dem Tagungsort des UN-Gipfels zu marschieren und es mit
       Mitteln des zivilen Ungehorsams für einen Tag zu besetzen. Müller war am
       Montagnachmittag vor dem Eingang des Zentrums von Zivilpolizisten verhaftet
       worden. Er hatte unmittelbar zuvor eine Pressekonferenz zu den geplanten
       Aktionen von CJA abgehalten.
       
       "Die Vorwürfe gegen Tadzio Müller sind politisch motiviert und
       konstruiert," sagt Alexis Passadakis von "Climate Justice Action". Der
       Aufruf zu der Aktion am Mittwoch sei seit Monaten im Internet einsehbar. Es
       sei eindeutig, dass es sich um eine Aktion zivilen Ungehorsams handele, bei
       der Körperverletzung ausgeschlossen sei, so Passadakis. "Das weiß auch die
       Polizei.“
       
       In den vergangenen Tagen hätten sich vor allem bei deutschen Aktivisten die
       Anzeichen gehäuft, dass ihre Telefone überwacht werden, berichtet
       Passadakis. Zudem sei ein Aktivist ständig von Zivilpolizisten verfolgt
       worden.
       
       Noch am Vorabend seiner Verhaftung hatte Müller zusammen mit der
       kanadischen Globalisierungskritikerin Naomi Klein bei einer Veranstaltung
       im "Freistaat Christiania" die Entschlossenheit der Gipfelgegner
       bekräftigt, mit "offensiver Gewaltfreiheit" massenhaft zum Bella Center zu
       demonstrieren. "An diesem Tag werden wir Geschichte schreiben, und wir
       werden nicht in diesen gottverdammten Käfigen enden," hatte Müller den
       Zuhörern zugerufen und an die erfolgreiche Blockade des G8-Gipfels 2007 in
       Heiligendamm erinnert.
       
       Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Eva
       Bulling-Schröter und die Redaktionen der Zeitungen AK (Hamburg) und
       Turbulence (London), für die Müller als Autor bzw. als Herausgeber
       arbeitet, forderten seine Freilassung. Unterstützer gründeten im Internet
       eine Facebook-Gruppe und bezeichneten ihn als "politischen Gefangenen".
       
       Allerdings wurde aus den Reihen der Klimademonstranten auch Kritik an
       Müllers Rolle laut, der unter anderem in der taz wiederholt als "einer der
       Anführer" der Kopenhagener Proteste bezeichnet wurde. Im Internet-Portal
       Indymedia schreibt ein Nutzer, es sei "unschön, dass es überhaupt möglich
       ist, das jemand zum 'Gesicht der Bewegung' wird." Der "Aufbau von
       Szenehelden" sei unemazipatorisch. Eine taz-Leserin schrieb, angesichts des
       "Führungsanspruchs" von Aktivisten wie Müller würden die Verhaftungen der
       anderen Gipfelgegner in der öffentlichen Wahrnehmung zurücktreten. Der
       Presse sei "Tadzio wichtiger, denn was ist eine Bewegung ohne ihre Köpfe?
       Vielleicht eine, die sich bewegt, ohne geführt zu werden?"
       
       Verschiedenen Berichten zufolge wurden unterdessen am gestrigen Mittwoch
       weitere SprecherInnen von CJA von Zivilpolizisten gezielt verhaftet. Eine
       Person sei am Morgen am Versammlungspunkt des grünen Blocks am Bahnhof
       Örestad aus der Menge gegriffen worden, die übrigen seien auf der Straße
       vor dem Bella Center verhaftet worden.
       
       Unterdessen haben Unbekannte am Dienstag in Kopenhagen die isländische
       Botschaft und eine Filiale des US-Ölkonzerns Chevron angegriffen. Das
       Chevron-Büro wurde mit "blutroter Farbe dekoriert, als Symbol für die Opfer
       von Chevrons Krieg gegen den Planeten," heißt es in einer im Internet
       veröffentlichten Erklärung. Chevron sei an der extrem umweltschädlichen
       Ausbeutung der kanadischen Ölsandvorkommen und "einer ganzen Reihe von
       Menschenrechtsverletzungen weltweit" beteiligt.
       
       An das Gebäude der isländischen Botschaft schrieben sie Parolen wie "Nature
       Killers", weil Island riesige Wasserkraftwerke im unberührten Norden der
       Insel baut, damit der US-amerikanische Aluminiumkonzern Alcoa seine
       hochgradig energieintensive Produktion aus den USA an die isländische
       Ostküste verlegt.
       
       In Kiel warfen Unbekannte einen Stein in ein Fenster des dänischen
       Honorarkonsulats. In einem Bekennerschreiben an eine Lokalzeitung wurde die
       Aktion mit den Polizeieinsätzen in Kopenhagen begründet. Die
       Staatsanwaltschaft ermittelt.
       
       Wegen der zahlreichen Festnahmen wollen linke Gruppen am
       Donnerstagnachmittag um 17 Uhr vor dem dänischen Konsulat in Hamburg
       protestieren.
       
       17 Dec 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) C. Jakob
       
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