# taz.de -- Ein Jahr nach dem Krieg: 1.000 Israelis gegen Gaza-Blockade
       
       > Linke Friedensaktivisten protestieren in Tel Aviv gegen die anhaltende
       > Abriegelung des palästinensischen Gebiets. Sie hoffen auf ein Umdenken
       > nach einem Gefangenenaustausch.
       
 (IMG) Bild: Vor einem Jahr: Gazastreifen im Januar 2009 nach Luftangriffen.
       
       JERUSALEM tazBei mehreren Angriffen der israelischen Luftwaffe und Marine
       sind am Wochenende im Gazastreifen zwei Palästinenser verletzt worden. Der
       Beschuss kam in Reaktion auf einen Raketenangriff am Vortag und galt vor
       allem der Zerstörung mehrerer Schmugglertunnel an der ägyptischen Grenze.
       In Tel Aviv erinnerten am Samstagabend rund eintausend Friedensaktivisten
       an den Krieg vor einem Jahr und forderten ein Ende der Blockade.
       
       "Nicht verzweifeln, die Besatzung wird enden", riefen die Demonstranten auf
       dem Platz vor dem Tel Aviver Rathaus, auf dem in der Vergangenheit schon
       deutlich größere Kundgebungen stattfanden. Hunderttausende Israelis gingen
       auf die Straße, um in den frühen 80er-Jahren gegen den Libanonkrieg zu
       protestieren. "Wir haben nicht mit Massen gerechnet", erklärt Adam Keller,
       der zusammen mit dem Friedensaktivisten Uri Avnery die Bewegung Gusch
       Schalom (Friedensblock) gründete. "Gaza ist ein Thema für die radikale
       Linke. Der Durchschnittsisraeli schließt sich uns nicht an." Die Mehrheit
       der Israelis glaube, dass die Menschen im Gazastreifen die Blockade selbst
       verschuldet hätten.
       
       Die radikalen Friedensaktivisten hoffen auf ein Umdenken nach dem
       möglicherweise bevorstehenden Geiselaustausch. Eine klare Mehrheit der
       israelischen Bevölkerung spricht sich dafür aus, den Preis der Entlassung
       von über eintausend palästinensischen Sicherheitshäftlingen zu zahlen,
       damit der Soldat Gilad Schalit aus der Gefangenschaft der Hamas freikommt.
       Schalit war vor dreieinhalb Jahren von militanten Islamisten entführt
       worden. Israel hatte eine Aufhebung der Blockade an seine Freilassung
       geknüpft.
       
       "Wenn die Regierung im Anschluss an den Geiselhandel die Blockade noch
       immer aufrechterhalten wird, glaube ich, dass die Öffentlichkeit dagegen
       angeht", meint Keller. "Die Leute werden eine Antwort auf die Frage haben
       wollen, welches Ziel Israel mit dem Embargo überhaupt verfolgt."
       
       Der Krieg vor einem Jahr sei "dumm, überflüssig und grausam" gewesen,
       schimpfte Avnery im Verlauf der Kundgebung. Anstatt die Soldaten in den
       Gazastreifen zu schicken, hätte Israel die Wahlergebnisse Anfang 2006
       akzeptieren müssen, "dann gäbe es keine Kassam-Raketen der
       Hamas-Regierung". Avnery appellierte, die Ergebnisse des sogenannten
       Goldstone-Berichts umzusetzen. Der südafrikanische Richter Richard
       Goldstone hatte im Auftrag der UNO den Gazakrieg untersucht und Israel der
       Kriegsverbrechen beschuldigt. Beide Konfliktparteien werden in dem Bericht
       aufgerufen, die Kriegsereignisse selbst zu untersuchen, was bis heute
       jedoch nicht geschehen ist.
       
       Schon vergangene Woche erinnerten Friedensaktivisten aus aller Welt an den
       Gazakrieg, der palästinensischen Angaben zufolge 1.400 Menschen das Leben
       kostete. Nur knapp hundert von über tausend Ausländern, die über die
       ägyptische Grenze in den Gazastreifen einreisen wollten, durften den
       Grenzposten passieren. Am Donnerstag versammelten sich zu beiden Seiten des
       nördlichen Grenzübergangs Eres internationale, palästinensische und
       israelische Friedensaktivisten, darunter Rabbiner der orthodoxen,
       antizionistischen Gruppe Neturei Karta.
       
       Ungeachtet des Embargos verabschiedete das Parlament in Gaza am Wochenende
       seinen Haushalt in Höhe von umgerechnet 375 Millionen Euro. Die Blockade,
       kommentierte der Abgeordnete Jamal Nassar, könne den Geldfluss nicht
       aufhalten. Gut 40 Millionen Euro stammten aus lokalen Steuereinnahmen, der
       Rest von ausländischen Spendern. Als größter Geldgeber sowohl für die Hamas
       als auch für die Hisbollah im Libanon gilt die Regierung in Teheran.
       
       3 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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