# taz.de -- Unternehmensverantwortung: „Wir sind Trendsetter“
       
       > Die rund 150 Veranstalter des „Forums Anders reisen“ haben sich das
       > CSR-Siegel bestätigen lassen.
       
 (IMG) Bild: Welcher Teil des Reisepreises bleibt in der Urlaubsregion?
       
       taz: Frau Giraldo, Ihre Organisation KATE hat mit dem „Forum Anders
       reisen“, einem Unternehmensverband von rund 150 kleinen und mittleren
       Reiseveranstaltern und anderen Organisationen, den Leitfaden „CSR-Reporting
       im Tourismus“ entwickelt. Was steckt dahinter? 
       
       Angela Giraldo: Die Mitglieder des Forums Anders reisen hatte sich bei
       ihrem Zusammenschluss vor zwölf Jahren zu einem Kriterienkatalog mit
       sozialen und ökologischen Aspekten selbst verpflichtet. Aufgrund der
       Freiwilligkeit ist die soziale Unternehmensverantwortung jedoch sehr
       „weich“ geworden. Im professionellen Alltag geht sie schnell unter. Deshalb
       haben wir ihnen empfohlen, ein standardisiertes Berichtswesen für CSR und
       Nachhaltigkeit einzuführen. Damit können wir die Nachhaltigkeitsleistung
       eines touristischen Unternehmens messen und überprüfen. Bei unserem
       Berichtsystem geht es um Ganzheitlichkeit, alle Bestandteile der
       Wertschöpfungskette eines Reiseveranstalters inklusive der Geschäftsstelle
       werden durchleuchtet. Wir haben verschiedene Kriterien in messbare
       Indikatoren übersetzt.
       
       Ihr Projekt, ein Siegel für „CSR-Reporting im Tourismus“ wurde mit
       EU-Geldern finanziert. Die Europäische Kommission definiert Corporate
       Social Responsibility (CSR) in ihrem Grünbuch von 2001 als „ein Konzept,
       das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale
       Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die
       Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“. Was sind konkrete
       Indikatoren? 
       
       Wie viele CO2-Emissionen verursacht eine Reise pro Tag und Gast? Wie viel
       Gramm Papier produziert ein Unternehmen pro Kunde? Welcher Teil des
       Reisepreises bleibt als lokale Wertschöpfung in der Urlaubsregion? In
       Nachhaltigkeitschecks für Leistungsträger wird auch gefragt, ob die
       Angestellten sozialversichert sind und die Hotels energieeffizient
       arbeiten. Eine von uns entwickelte Software erleichtert die Datenerhebung.
       
       Das Siegel für Unternehmensverantwortung steht also nicht für ein einzelnes
       Produkt, sondern für die gesamte Nachhaltigkeitsleistung? 
       
       Eindeutig ja, es geht um das ganze Unternehmen und alle CSR-Berichte folgen
       der gleichen Struktur mit den gleichen Kennzahlen. Deshalb können wir in
       Zukunft, wenn wir mehr Erfahrungswerte gesammelt haben, auch die
       Nachhaltigkeit der Veranstalter vergleichen. Mindestwerte sind auch
       vorgesehen. Diese Analyse wurde in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des
       Forums entwickelt. Das System entstand direkt aus der Praxis.
       
       Ein Siegel nur für die Mitglieder des Forums Anders reisen? 
       
       Das Forum hat Priorität, denn so ein anspruchsvolles Nachhaltigkeitssiegel
       bringt ein Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb. Nach der ITB 2010 wird
       dieser Prozess auch für andere Veranstalter geöffnet, also für
       Nichtmitglieder des Forums. Einige mittlere bis größere Veranstalter haben
       schon Interesse signalisiert. Auch touristische Großkonzerne wie TUI,
       Thomas Cook und Rewe könnten den Prozess durchlaufen. Der Aufwand wäre
       natürlich größer, aber gerade diese Veranstalter mit ihren großen
       Stabsstellen, die schon ein Qualitäts- oder Umweltmanagement haben,
       besitzen die personellen und finanziellen Kapazitäten, um einen CSR-Prozess
       durchzuführen. Danach wären es allerdings ganz anders arbeitende
       Unternehmen.
       
       Wie viele Mitglieder des Forums sind bereits zertifiziert? 
       
       Von den Forums-Mitgliedern werden bis zur Internationalen Tourismusbörse in
       Berlin, im März 2010 bereits vierzig Veranstalter zertifiziert sein. Und
       dieses Jahr werden weitere Veranstalter den Zertifizierungsprozess
       durchlaufen.
       
       Das Siegel sagt aus, was die Veranstalter machen in Sachen
       Unternehmensverantwortung. Welche Rolle spielen die sozialen Aspekte dabei? 
       
       Sie sind wichtig, vor allem was die Destination betrifft. Egal wo die Reise
       hingeht, ob Fernreisen oder Reisen in andere Kulturen. Dort sind soziale
       Aspekte oft noch kaum geregelt. Es ist dann umso wichtiger, dass der
       Veranstalter die sozialen Aspekte wie Arbeitsbedingen, Bezahlung und
       soziale Leistungen besonders stark berücksichtigt.
       
       Ist das nicht sehr schwierig? 
       
       Es ist schwierig, und es ist nie hundertprozentig. Es geht bei unserer
       Zertifizierung um erste Ansätze, wie man anhand von verschiedenen Kriterien
       die Nachhaltigkeit bei den Unternehmen messen kann. Wir haben verschiedene
       Kriterien ausgearbeitet, womit der Veranstalter prüfen kann, was er
       berücksichtigt, und dies wird bewertet. Es geht nicht darum, dass diese
       Kriterien alle eingehalten werden, aber es geht darum, dass diese Kriterien
       zunehmend berücksichtigt werden. Im Betriebsalltag wird man schnell
       betriebsblind. Die bewusste Reflexion über verschiedenste Kriterien gibt
       den Reiseveranstaltern die Möglichkeit zu sehen, wo stehe ich und wie
       gestalte ich mein Angebot immer nachhaltiger.
       
       Honorieren das die Kunden? 
       
       Das versprechen sich die Veranstalter und wir auch. Wir suchen nach
       Möglichkeiten, wie wir das offensiv in die Öffentlichkeit bringen können.
       Und es ist klar, dass zumindest die Kunden des Forums Anders reisen Wert
       auf Nachhaltigkeit legen und dafür unter Umständen mehr bezahlen. Fast alle
       Veranstalter nennen sich heute gern nachhaltig. In Großunternehmen
       entstehen Nachhaltigkeitsberichte in den PR-Abteilungen. Meist erzählen die
       Unternehmen nur, was sie mit ihrem Geld für tolle soziale und ökologische
       Projekte machen. Wir sagen was tatsächlich darunter verstanden wird.
       
       Spielt das im globalen Tourismusgeschäft überhaupt eine wesentliche Rolle? 
       
       Es ist eine Nische, aber eine stark expandierende. CSR-Reiseveranstalter
       sind Vorreiter und gleichzeitig Trendsetter. Die Wirtschaftskrise ist auch
       Resultat fehlender Verantwortung in den Unternehmen. Es ist die Pflicht
       eines Unternehmens verantwortlich zu wirtschaften. Wir helfen zu
       definieren, was das ist, und tragen dazu bei, dass immer mehr Unternehmen
       nachhaltig wirtschaften.
       
       20 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Edith Kresta
 (DIR) Edith Kresta
       
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