# taz.de -- Grüne Woche spendet an Berliner Tafel: Die Reste gehen an die Hungrigen
       
       > Wenn die Besucher gegangen sind, schwärmt die Berliner Tafel aus. Sie
       > sammelt Essen ein, das auf der Messe nicht verkauft wurde.
       
 (IMG) Bild: Und was von den Häppchen bleibt, kriegt die Tafel
       
       Brigitte Liefeld hat den Teller schon abgepackt. Sieben Gemüsetaler, sauber
       umwickelt mit Aluminiumfolie. "Mehr war heute nicht", sagt sie
       entschuldigend. Fast ist es ihr etwas peinlich. "Sonst haben wir oft mehr,
       früher haben wir sogar einen Eimer hingestellt für die Würste." Die
       Mitarbeiterin am Fleischwarenstand arbeitet regelmäßig auf der Grünen
       Woche, die Gaben für die Berliner Tafel sind ihr zur Tradition geworden:
       Jeden Abend, wenn die letzten satten Besucher die Hallen unter dem Funkturm
       geräumt haben, schwärmen die Helfer der Tafel aus und sammeln nicht
       verkaufte Lebensmittel für die Bedürftigen der Stadt.
       
       "Inzwischen kennen uns die meisten Standbetreiber und haben die Sachen
       schon fertig für uns", sagt Stephan Buchheim vom Vorstand der Tafel. Die
       Berliner Tafel ist die älteste bundesweit. Seit 1993 sammeln hauptsächlich
       Ehrenamtliche gespendete Lebensmittel und geben sie an soziale
       Einrichtungen weiter. Die Mithilfe ist vielen Berlinern zum Ritual
       geworden: Die Tafel ruft per Internet und Aushang auf, sich an den
       abendlichen Aktionen zu beteiligen - und die Freiwilligen kommen. An diesem
       Mittwoch warten an die 20 Menschen im Eingang Nord darauf, dass die
       Besucher das Gelände verlassen. Buchheim verteilt blaue Laibchen mit der
       Aufschrift "Berliner Tafel", die Gruppen teilen sich auf. Drei bis vier
       Helfer pro Halle, ein Wagen, leere Eimer und Paletten darauf.
       
       "Das macht richtig Spaß, die Leute sind nett", sagt Katharina Jeschke. Die
       22-Jährige ist von einem Au-pair-Jahr in den USA zurück und wartet auf
       einen Studienplatz. Als sie den Aufruf der Tafel las, war ihr Interesse
       geweckt. "Hier mache ich etwas Nützliches, das ist ein gutes Gefühl", sagt
       Jeschke. Dass sie dabei kein Geld verdient, noch dazu die weite Anfahrt von
       ihrem Wohnort Lichtenberg hat - macht nichts. "Ich suche mir schon noch
       einen Job zum Geldverdienen."
       
       Katharina Jeschke klappert mit zwei Kollegen die Brandenburg-Halle ab. Ihr
       Spruch "Berliner Tafel, guten Abend, haben Sie etwas für uns?" ist meist
       nicht nötig. Wie Brigitte Liefeld vom Wurststand haben die meisten die
       überschüssigen Waren schon vorbereitet. Bockwürste aus dem Spreewald,
       Fruchtjoghurt, Mettbrötchen, Apfelkuchen.
       
       Alles am nächsten Tag nicht mehr zu verkaufen? "Ich könnte das Brot morgen
       schon noch anbieten, klar, ist ja noch frisch", sagt Carsten Vogt von
       "richards wild". "Ich gebe es aber gern raus, die Armen wollen doch auch
       was zu beißen haben." Für den folgenden Tag hat er Frischware bestellt. Er
       erzählt noch, dass er auch nicht verzehrte Lebensmittel von seinem
       Partyservice oft zur Bahnhofs- oder Stadtmission bringt und wie es ihn
       aufregt, dass es dort keinen Herd zum Aufwärmen von Suppen gibt. Die
       Berliner Tafel zieht derweil weiter. "Stopp", ruft Vogt mitten im Gespräch,
       "ich hab noch was." Ihm ist eingefallen, dass er ja noch zwei Würste vom
       Brandenburger Wild spenden könnte.
       
       Es seien diese Anekdoten, die den Einsatz zu etwas Besonderem machten, sagt
       Buchheim. Der ältere Herr, der Katharina Jeschke anerkennend zunickt und
       sagt: "Toller Job, den ihr da macht." Die Mitarbeiterin am Kaffeestand, die
       zu Hause eine Tüte gepackt hat mit Süßwaren, die ihre Familie spendet. Die
       Bäckerin, die ein paar Quarkbällchen abgezweigt hat für die Helfer. Das
       Süßgebäck packt Katharina Jeschke zu den anderen Waren; die Freiwilligen
       dürfen nichts für sich selbst einstecken. "Da passen wir auf", sagt
       Buchheim. Auch die Ordner in den Hallen hätten ein Auge darauf - die Tafel
       würde schnell rausfliegen, würde entdeckt, dass sich Einzelne bereichern.
       
       Nach einer Stunde und einer Runde durch die Hallen 21 und 22 ist der Wagen
       voll. An einem Seiteneingang wartet ein Kleintransporter auf die Gruppe,
       bereit zum Einladen und Abfahren. In früheren Jahren kamen die Lebensmittel
       zunächst zum Lager der Berliner Tafel in der Großmarkthalle, dort wurde
       aussortiert und verteilt. In diesem Jahr fällt allerdings deutlich weniger
       als sonst ab, die Helfer prüfen direkt vor Ort und organisieren die
       Transporte in karitative Einrichtungen. Buchheim rechnet damit, dass die
       Organisation diesmal etwa zehn Tonnen Lebensmittel auf der Grünen Woche
       sammelt, ein Drittel weniger als in früheren Jahren. "Die Aussteller
       kalkulieren besser", sagt er. "Außerdem gibt es viel mehr Stände mit
       Infomaterial statt Essen." Wirklich schlimm finde er das nicht. Es sei
       immerhin gut, dass die Menschen um den Wert von Lebensmitteln wüssten, sagt
       Buchheim. KRISTINA PEZZEI
       
       22 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristina Pezzei
       
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