# taz.de -- Fotografien zum Klimawandel: Vollmond und Müllhalden
       
       > Der Prix Pictet - ein anspruchsvoller Kunstpreis, dokumentiert in einem
       > sehr schönen Bildband. Die Fotografie als Mittlerin für Themen rund um
       > den Klimawandel.
       
 (IMG) Bild: Der kanadische Fotograf Edward Burtynsky ist vor allem durch seine Darstellungen von Industrielandschaften bekannt geworden.
       
       Am Ende ist doch der Fotograf der "Maler des modernen Lebens", wie
       Baudelaire zu Beginn der Moderne im 19. Jahrhunderts die Devise für die
       Maler ausgegeben hatte - auch um sie gegen die fotografische Konkurrenz zu
       wappnen.
       
       Paradoxerweise legt diesen Gedanken ausgerechnet die Shortlist zum
       letztjährigen Prix Pictet nahe, nun nachzubetrachten in einem schönen
       Katalog. Der von der Genfer Privatbank Pictet gestiftete Preis in Höhe von
       100.000 Schweizer Franken zeichnet ganz dezidiert Fotografie zum Thema
       Klimawandel aus. Es wären also brisante Fotoreportagen und -dokumentationen
       vor allem aus politischen und sozialen Gründen zu erwarten, aus der allzu
       einfach für die Opfer Partei ergreifenden, berühmt-berüchtigten
       humanistischen Perspektive. Doch eine professionell beglaubigte Jury
       einigte sich 2009 auf eine Shortlist von zwölf Positionen, die ästhetisch
       überzeugt.
       
       Von den romantischen Landschaften, die der britische Installationskünstler
       Darren Almond bei Vollmond aufnahm, bis zu den Müllhalden, die Yoa Lu als
       Landschaftsidyllen in der Manier der chinesischen Tuschemalerei
       inszenierte, lässt sich tatsächlich ein durchgängiger Bezug auf malerische
       Traditionen beobachten.
       
       Am meisten fällt das ausgerechnet in den Bildserien auf, die in Form der
       klassischen Fotoreportage argumentieren. Dem Bildaufbau der 2004 im
       Erdölförderland Nigeria entstandenen Dokumentaraufnahmen des New Yorker
       Fotografen Ed Kashi etwa, meint man, könnte Théodore Géricaults "Floß der
       Medusa" zugrunde liegen.
       
       Und das Bild, das eine Familie beim Essen unter einer riesigen Brücke
       zeigt, wirkt wie das heutige Äquivalent zu Édouard Manets "Frühstück im
       Freien". Der Gewinner des Prix Pictet, der 1961 in Tel Aviv geborene,
       britische Fotograf Nadav Kander, hat es während seiner Recherche entlang
       dem Jangtse aufgenommen.
       
       Statt dem Laubdunkel der Bäume führt nun das Betondunkel der riesigen
       Brückenpfeiler in die Bildtiefe; und während Manet das antike Motiv des
       Urteils des Paris im Freizeitausflug seines Figurenensembles profanisierte,
       karikiert und verabschiedet das Bild der chinesischen Familie, wie sie auf
       ihren Plastikmöbeln inmitten von Schutt und Plastikmüll diniert, just jenen
       bürgerlich-kapitalistischen Lebensstil, für den bei Manet die
       modisch-standardisierte Herrenkleidung seiner Ausflügler stand. Dieses Bild
       vermittelt sein Anliegen anspruchsvoller denn je, doch es braucht Preise,
       um dafür Öffentlichkeit zu schaffen.
       
       "Prix Pictet 2009 Earth". teNeues, Kempen 2010, 128 Seiten, 80 Farbfotos,
       49,90 Euro
       
       29 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Brigitte Werneburg
       
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