# taz.de -- Kommentar Blair vor dem Irak-Ausschuß: Kriegslügen ohne Konsequenzen
       
       > Tony Blair hat vor und während des Irakkriegs wiederholt gelogen. Für
       > diese Feststellung benötigte man keine Untersuchung.
       
 (IMG) Bild: Vor der Präsentation des Untersuchungsberichts: Protest gegen die Irakintervention von 2003
       
       Für Tony Blair war es nur eine lästige Pflichtaufgabe, und der frühere
       britische Premierminister hat sie mit der ihm eigenen Nonchalance erledigt.
       Er versuchte gestern vor dem Untersuchungsausschuss zur britischen
       Beteiligung am Irakkrieg den Eindruck zu vermitteln, er habe stets nach
       bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Das war nicht anders zu erwarten.
       Fest steht jedoch, dass er im Vorfeld des Kriegs mehrfach gelogen hat; dazu
       benötigt man keine Untersuchung.
       
       Im April 2002 behauptete er, es sei eine Tatsache, dass Saddam Hussein über
       große Mengen chemischer und biologischer Waffen verfüge. Keine drei Wochen
       zuvor hatte der Geheimdienstausschuss erklärt, dass Saddam möglicherweise
       geringe Mengen solcher Kampfstoffe versteckt habe. Im selben Monat hieß es
       in einem geheimen Kabinettspapier, der Irak stelle keine ernsthafte Gefahr
       für seine Nachbarländer dar. Bei Blair hörte sich das einen Monat später
       anders an: Der Irak sei nicht nur eine Gefahr für die Region, sondern für
       die ganze Welt.
       
       Blair berief sich im September 2002 auf die Internationale
       Atomenergiebehörde, als er behauptete, dass Saddam binnen sechs Monaten im
       Besitz einer Atombombe sein könnte. Die Behörde erklärte, keinen solchen
       Bericht veröffentlicht zu haben. Blair behauptete gestern erneut, dass es
       ihm anfangs lediglich um die Entwaffnung des Iraks gegangen sei und nicht
       um einen Regimewechsel. Im Tagebuch seines engsten Beraters, Alistair
       Campbells, steht unter dem 2. April 2002: Blairs Ziel sei wegen der
       Massenvernichtungswaffen und der Gefahr für die Region auch ein
       Regimewechsel - und diese Liste der Lügen vor und während des Krieges ließe
       sich beliebig fortsetzen.
       
       John Chilcot, der Leiter des Untersuchungsausschusses, hat im Vorfeld
       versucht, Blairs Auftritt die Brisanz zu nehmen. Es gehe lediglich darum,
       Licht auf die Ereignisse zu werfen, die zum Irakkrieg führten, nicht um
       Schuldzuweisungen oder konkrete juristische Konsequenzen. Dass eine
       dauerabgelenkte Öffentlichkeit auf solche tatsächlich noch dringen wird,
       muss man bezweifeln.
       
       29 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Großbritannien
 (DIR) Großbritannien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Briten und Irakkrieg: Penibel ausgeleuchteter Fehler
       
       Der Bericht über Großbritanniens Beteiligung am Irakkrieg liefert
       faszinierende Fakten. Der Wille zur Selbstkritik verdient Anerkennung.
       
 (DIR) Großbritanniens Beteiligung am Irakkrieg: Tony Blairs blutiges Erbe
       
       Klare Worte im britischen Untersuchungsbericht: Der Krieg gegen Saddam
       Hussein war weder zwingend, noch wurde er vernünftig konzipiert und
       geführt.
       
 (DIR) Ex-Premier vor Ausschuss: Blair begründet Irakkrieg mit 9/11
       
       Ex-Premier Tony Blair hat die Beteiligung seines Landes am Irakkrieg vorm
       Untersuchungsausschuss verteidigt. Die Anschläge vom 11. September hätten
       seine Meinung verändert.