# taz.de -- Staudamm in Brasilien genehmigt: 12.000 Familien droht Zwangsumsiedlung
> Brasiliens Umweltminister genehmigt den umstrittenen Großstaudamm Belo
> Monte. Ungereimtheiten beim Verfahren haben Proteste zur Folge, der
> Verdacht des Lobbyismus kommt auf.
(IMG) Bild: Einwohner des betroffenen Gebiets wittern Lobbyismus, da die Regierungspartei von Baufirmen gesponsert wird.
PORTO ALEGRE taz | Brasiliens Umweltminister Carlos Minc hat die
Baugenehmigung für den umstrittenen Staudamm Belo Monte am
Amazonas-Nebenfluss Xingu erteilt. Die beteiligten Firmen müssten
allerdings 40 Auflagen mit Kosten von rund 570 Millionen Euro erfüllen,
sagte Minc am Montag. Mit einer Kapazität von 11.200 Megawatt wird Belo
Monte das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt.
Bischof Erwin Kräutler von der Diözese Xingu sagte Chaos für die Region
voraus: "Die Folgen für Menschen und Umwelt sind unabsehbar und können
nicht ausgeglichen werden." Präsident Lula da Silva habe sein Versprechen
gebrochen, das Projekt nicht um jeden Preis durchzusetzen, beklagte der
Austrobrasilianer.
12.000 Familien würden durch Umsiedlung oder indirekt betroffen, räumte
Roberto Messias Franco von der Umweltbehörde Ibama ein. Zudem dürften
100.000 Menschen durch die Bauarbeiten in das fragile Ökosystem gelockt
werden. Bei den Arbeiten westlich von Altamira wird so viel Erde bewegt
werden wie beim Bau des Panamakanals; geflutet werden zunächst 516
Quadratkilometer.
Wegen vieler Ungereimtheiten beim Genehmigungsverfahren kündigte die
Staatsanwaltschaft in Belém Einspruch gegen die Lizenz für das mindestens
zwölf Milliarden Euro teure Vorhaben an. Ein Vorläuferprojekt hatten die
Ureinwohner 1989 durch Proteste verhindert.
Der Energieexperte Célio Bermann weist darauf hin, dass es durchaus
Alternativen zu Megastaudämmen wie Belo Monte gibt. Neben dem Ausbau der
Wind- oder Solarenergie könne in Brasilien ein "enormes Potenzial" durch
Effizienzsteigerungen bei der Stromübertragung und die Modernisierung der
bereits bestehenden Dämme eingespart werden. Viel gewonnen wäre schon, wenn
die Kapazität von Belo Monte um die Hälfte reduziert würde, findet Bermann:
"Sonst wird wegen der saisonalen Schwankungen bei der Wasserzufuhr des
Xingu mittelfristig der Bau weiterer Dämme zwingend."
Genau darauf spekuliert die Strom- und Baulobby. Die Bauriesen Odebrecht
und Camargo Corrêa, die zu den größten Sponsoren von Lulas Arbeiterpartei
zählen, wollen zur Ausschreibung im April mit einem Konsortium antreten.
Auch der französisch-belgische Wassermulti Suez bewirbt sich.
3 Feb 2010
## AUTOREN
(DIR) Gerhard Dilger
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