# taz.de -- Neonazis kaufen Schloss: "Die Lage ist ideal"
       
       > Zwei Neonazis haben das "Schloss Trebnitz" in Sachsen-Anhalt gekauft.
       > Einer von ihnen gilt als politischer Ziehsohn des verstorbenen
       > NPD-Anwalts Rieger.
       
 (IMG) Bild: Rieger-Ziehsohn Thomas "Steiner" Wulff, einer der Schloss-Käufer, bei einer Demonstration.
       
       Das Gelände des "Schloss Trebnitz" ist weitläufig. Hinter hohen Mauer liegt
       das alte Gemäuer. Ein Eisentor bildet den Eingang. Die Zufahrt vor dem
       Schloss ist kaum befahrbar. Hier in Trebnitz bei Könnern dürften aber bald
       neue Besitzer das Anwesen nutzen. Vor ein paar Tagen erwarben die
       Rechtsextremen Thomas Wulff und Axel Schunk das Schloss. Der
       Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt bestätigt: "Es ist ein Privatkauf, aber es
       gibt Zweifel daran, ob es wirklich privat genutzt werden soll".
       
       Ein Zentrum für die Szene scheint in dem sachsen-anhaltinischen Landkreis
       möglich. Von der nahen A14 ist kaum Autolärm zu hören. Gemächlich
       schlängelt der Fluss durch die Saalaue. Im 17. Jahrhundert ließ Marktgraf
       Gero die "Wasserburg" errichten. Vom Deich aus kann gut auf das etwa 7.000
       Quadratmeter große Anwesen eingesehen werden.
       
       Viel Arbeit dürfte noch nötig sein, um das Gebäude mit rund 2.000
       Quadratmeter Wohnfläche nutzen zu können. Letzte Woche ersteigerten Wulff
       und Schunk das "Flurstück 148/3" beim Amtsgericht in Bernburg für 80.000
       Euro. Die Salzlandkreissparkasse hatte das "LPG-Schloss Trebnitz" zur
       Versteigerung ausgeschrieben. 10 Prozent der Summe ist bereits hinterlegt.
       Der Rest des Geldes wird in 14 Tagen fällig – wenn nicht noch Gläubiger
       oder Schuldner Beschwerde einlegen.
       
       Die möglichen neuen Besitzer kennen sich schon lange. Noch bevor Wulff in
       den NPD-Bundesvorstand gewählt wurde, sind sie sich begegnet. Beide waren
       bestens mit dem 2009 verstorbenen Neonazianwalt Jürgen Rieger bekannt.
       Wulff gilt als sein politischer Ziehsohn. Schunk war einst
       Bundesfahrtenführer in der 1994 verbotenen Wiking-Jugend, die auf dem
       früheren Anwesen "Hetendorf 13" von Rieger Lager ausrichtete.
       
       "Der Kauf zeigt, dass, wenn Rechtsextreme wirkliches Interesse an einer
       Immobilie haben, dann werden diese Käufe leise abgewickelt", sagt Martin
       Langebach, Rechtsextremismusexperte von der Universität Düsseldorf. Die
       Szene suche regelmäßig eigene Räume, betont Langebach, denn: "So müssen sie
       sich nicht sorgen, das besorgte Vermieter kurzfristig Verträge für
       Saalmietungen auflösen". Das hohe Rechtsgut des Privatraums böte zudem
       Schutz vor schnellen staatlichen Eingriffen bei Treffen oder Konzerten.
       
       Hier am Schloss klebt am Briefkasten noch der alte Zettel mit der
       Aufschrift "Deutscher Kulturverein e.V.". Bereits 2001 sollte aus dem
       Schloss ein "nationales Schulungszentrum" werden. Für 100.000 DM (rund
       50.000 Euro) hatte damals Uwe Meenen, heute NPD-Landesvorsitzender in
       Berlin, es im Auftrag des vermögenden Altnazis Rolf Hanno aus Marbella
       ersteigert. Als Betreiber des Zentrums wurde der Harzer Neonazi Steffen
       Hupka eingesetzt. Doch Investor und Betreiber zerstritten sich, es gab
       finanzielle Querelen, das Schloss verfiel zusehends.
       
       Große Pläne hatten sie, die alten Schlossherren. Der große Rittersaal
       sollte als Versammlungsraum genutzt werden, erzählte ein Anwohner, der
       damals Hausmeisterarbeiten übernommen hatte. Mannschaftsräume und Wohnungen
       waren geplant.
       
       Der Frührentner kennt das Anwesen bestens. Zu DDR-Zeiten wurde es mal als
       Altenheim genutzt. Seine Mutter hatte dort jahrzehntelang als Pflegekraft
       gearbeitet. Das hier "Nazis" einziehen, störte ihn damals schon nicht. Ein
       Anwohner berichtet, dass Hupka vor Wochen "einen Kameraden" das Anwesen
       gezeigt hatte und danach im Dorflokal eingekehrt sei. Torsten Hahnel von
       "Miteinander e.V." betont: "Das Anwesen ist eine riesige Investition. Die
       Lage ist ideal, das Schloss liegt zwischen mehreren Zentren der
       rechtsextremen Szene der Region".
       
       16 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) A. Röpke
 (DIR) A. Speit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neonazis kauften Immobilie in Thüringen: Neue Räume für rechte Träume
       
       In Thüringen erwarben Rechtsextreme erneut eine Immobilie. Der
       Verfassungsschutz scheint von dem Kauf in Crawinkel nichts mitbekommen zu
       haben, sagt die Linke.
       
 (DIR) Neonazis übernehmen Schloss: Die Pläne werden nicht verraten
       
       Die für Trebnitz zuständige Stadtverwaltung Könnern ist verbittert. Sie
       hatte keine Vorwarnung erhalten, dass Neonazis bei der Versteigerung des
       Schlosses mitbieten werden.
       
 (DIR) NPD-Vize erlag Folgen eines Schlaganfalls: Jürgen Rieger gestorben
       
       Er war Vizechef der NPD und kaufte von seinem Vermögen Immobilien, um sie
       der rechsextremen Szene als Schulungszentren zu überlassen. Am Donnerstag
       starb Jürgen Rieger in einem Berliner Krankenhaus.
       
 (DIR) "Nationales" Zentrum: Neonazis bieten mit
       
       Der Hamburger NPD-Chef Jürgen Rieger kann das ehemalige Landhotel bei
       Faßberg, für das er einen Pachtvertrag hat, möglicherweise kaufen. Die
       Zwangsversteigerung ist für den 16. Dezember angesetzt.
       
 (DIR) Rechtsextremismus in Ostdeutschland: Der Klempner als Neonazi
       
       In Ostdeutschland siedeln sich Neonazis gezielt in Kleinstädten an und
       geben sich als Biedermänner. Die Strategie ist erfolgreich, wie das
       thüringische Pößneck beweist.
       
 (DIR) Räumung des Rechtsextremen-Hotels: Nazis müssen erst mal gehen
       
       Das von Neonazis besetzte Landhaus Gerhus ist geräumt. Das Landgericht
       Lüneburg gab einem Antrag des Zwangsverwalters in der einstweiligen
       Verfügung statt.