# taz.de -- Sparkurs beim Freitag: Entlassung auf Raten
       
       > Die Wochenzeitung "Freitag" halbiert ihr Literaturressort - eines von
       > vielen Anzeichen dafür, dass seit dem Relaunch vor einem Jahr immer noch
       > einiges im Argen liegt.
       
 (IMG) Bild: Mit dem neuen Online-Auftritt hoffte der Freitag vergeblich auf mehr Einnahmen.
       
       Ingo Arend, Literaturredakteur bei der Wochenzeitung Freitag, soll fortan
       für weniger Geld als Autor für die Zeitung arbeiten. Der Verleger Jakob
       Augstein will das Literaturressort von zwei auf eine Seite eindampfen. "Den
       Schwerpunkt auf Buchrezensionen zu legen", so Augstein zur taz, sei eine
       "überholte, starre Form". Für ihn ist das eine ganz normale redaktionelle
       Kurskorrektur.
       
       Doch so ist es nicht. Ein paar Dutzend Freitag-Autoren und -Leser haben
       gegen Arends Jobwechsel, der eher eine Entlassung auf Raten ist,
       protestiert. Arend, so die UnterzeichnerInnen, sei ein "kompetenter,
       verlässlicher und fairer Redakteur", die Entscheidung, den Literaturteil,
       "ein Aushängeschild des Freitag", zu halbieren, ein Fehler.
       
       Unterschrieben haben unter anderem György Dalos, der Herausgeber der
       Zeitung ist, und die Schriftsteller F. C. Delius, Christoph Hein, Marlene
       Streeruwitz und Ingo Schulze. Augstein hat geantwortet (nachzulesen auf dem
       Freitag-Blog von Ingo Stützle): Erfolg hat der Protest nicht. Die
       Entscheidung über Arends Job wird wohl am 9. April vor einem Arbeitsgericht
       fallen.
       
       "Ich würde mir wünschen, dass es solche Solidarisierungsadressen auch gibt,
       wenn bei der SZ oder bei Gruner + Jahr Stellen abgebaut werden", sagt
       Augstein. So richtig erklären kann er sich die Aufregung nicht. Der
       Freitag, den Augstein, der Teile des Spiegels besitzt, hoch subventioniert,
       funktioniert anders als Gruner + Jahr. Seit dem Relaunch vor einem Jahr ist
       er bunter, vielfältiger geworden, manche meinen: beliebiger. Das neue
       Alltagsressort soll jüngere Leser binden.
       
       Klar ist: Das ökonomisch seit seiner Gründung 1990 wackelige Blatt überlebt
       nur, wenn die linken, bildungsbürgerlichen Traditionsleser bleiben und
       neue, jüngere hinzu kommen. Dieser Spagat klappt nicht so recht. Die junge,
       hippe Klientel, die Augstein als Zielgruppe vorschwebt, ist nicht so leicht
       zu gewinnen, die traditionellen Freitag-Leser hadern mit dem neuen Stil. Ob
       da die Degradierung eines verdienten Literaturredakteurs, der seit 14
       Jahren bei der Zeitung arbeitet und offenkundig bildungsbürgerliche Leser
       an das Blatt bindet, klug ist, darf bezweifelt werden.
       
       Außerdem zeigt der Fall Arend, dass es finanziell eng ist. Der mit dem
       Relaunch massiv ausgebaute Online-Auftritt war mit der falschen Erwartung
       verknüpft, dort Geld zu verdienen. Die Phase der Netz-Euphorie, in der das
       Printprodukt als Relikt einer vergangenen Epoche galt, ist vorbei. Für
       Leserkommentare kann man sich nichts kaufen. Jetzt geht es, ganz
       traditionell, darum, die Abonnenten zu halten, die es noch gibt.
       
       Exakte, geprüfte Zahlen über die Auflage gibt es nicht, weil der Freitag
       nicht mehr der IVW-Kontrolle unterliegt. Beim Relaunch erhöhte das Blatt
       die Auflage kurzfristig auf 70.000 Exemplare. Die Versuche, die
       Kioskverkäufe dauerhaft zu erhöhen, waren teuer und erfolglos. Jetzt plant
       der Verlag, den Kioskverkauf komplett einzustellen. Ab April soll es den
       Freitag nur noch in Bahnhofsbuchhandlungen zu kaufen geben. Das wiederum
       macht es schwer, neue Abonnenten zu interessieren.
       
       Laut Augstein hat der Freitag seit dem Relaunch 2009 "ein paar hundert
       Abonnenten" verloren. Die Zeitung stehe "jetzt besser da als vor einem Jahr
       - aber sie ist noch lange nicht außer Gefahr". So kann man es auch sagen.
       Der Freitag hat um die 9.000 Abonnenten. Um kostendeckend zu arbeiten,
       braucht er ungefähr dreimal so viele.
       
       24 Feb 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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