# taz.de -- Kommentar Karadzic: Hochzeit für die Ideologen
       
       > Karadzic' Verteidigung eröffnet eine scharfe Auseinandersetzung um die
       > jüngere Geschichte auf dem Balkan. Die Serben hätten sich doch nur
       > gewehrt.
       
       Seine Verteidigung ist als ein Rundumschlag angelegt. Der frühere
       Serbenführer Radovan Karadzic hat erneut die finsteren Mächte Deutschland
       und die USA ebenso wie den Vatikan und die Türkei für den Krieg in Bosnien
       und Herzegowina verantwortlich gemacht. Die Serben hätten sich nur gegen
       die kroatische Ustascha und den islamischen Fundamentalismus gewehrt,
       rechtfertigte er seine Politik der ethnischen Säuberungen. Mit diesen
       Aussagen hat er das Weltbild des serbischen Nationalismus zu Beginn des
       Krieges 1992 treffend beschrieben. Seine Antwort auf die umfangreiche
       Anklage des Tribunals klang wie eine Stimme aus einer längst vergangenen
       Zeit.
       
       Ob er mit seiner Verteidigung ungewollt zu einer Aufarbeitung der
       Vergangenheit und damit zur Verständigung der Menschen in Bosnien und
       Herzegowina beigetragen hat, bleibt abzuwarten.
       
       Das offizielle Belgrad, das auf die Integration in die EU hofft, wird sich
       wohl kaum zu profilierten Äußerungen hinreißen lassen, weder in die eine
       noch in die andere Richtung. Die fundamentale Opposition in der serbischen
       Hauptstadt wird Karadzic Äußerungen sicher als das analysieren, was sie
       sind: die Rechtfertigung einer nationalistischen und mörderischen Politik.
       Doch viele Menschen in Serbien und der Republika Srpska werden den
       Rundumschlag trotzdem als entlastend für das eigene Gewissen empfinden.
       
       Der Prozess wird viele schmerzhafte Erinnerungen wachrufen. Und die
       Ideologen aller Seiten auf den Plan rufen. Erneut wird eine scharfe
       Auseinandersetzung über die Interpretation der jüngsten Geschichte auf dem
       Balkan einsetzen. Auch im Ausland. Entscheidend ist daher, ob die Anklage
       gut arbeitet und stichhaltige Beweise vorlegt.
       
       2 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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