# taz.de -- Kommentar Vorratsdaten-Urteil: Guter Tag für Bürgerrechte
       
       > Das Vorratsdaten-Urteil hat Licht und Schatten: gut, dass Geheimdienste
       > keinen Zugriff auf die Vorratsdaten erhalten. Doch das Urteil könnte
       > Basis für eine umstrittene Kriminalpolitik werden.
       
       Dies ist ein typisches Karlsruher Urteil. Das Bundesverfassungsgericht hat
       die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für verfassungswidrig
       und nichtig erklärt. Aber das Gericht sagte lediglich: So nicht! Das heißt,
       mit einigen Korrekturen kann der Bundestag die Vorratsdatenspeicherung in
       leicht veränderter Form bald wiedereinführen.
       
       Der Gesetzgeber kennt nun jedenfalls die Karlsruher Vorgaben und könnte
       damit dem Widerstand den Wind aus den Segeln nehmen. Gut möglich, dass
       Karlsruhe mit seinem Urteil die Voraussetzungen für eine hoch umstrittene
       Kriminalpolitik geschaffen hat. Auch sonst hat das Urteil Licht und
       Schatten. Gut ist, dass Geheimdienste in der Regel keinen Zugriff auf die
       Vorratsdaten erhalten sollen, denn hier wäre der Einschüchterungseffekt am
       größten. Positiv ist auch, dass Kontaktaufnahmen zu Aids- und
       Drogenberatungsstellen nicht an Sicherheitsbehörden gemeldet werden dürfen:
       Dass soll vermeiden, hier Hemmschwellen zu schaffen. Schwach ist hingegen,
       dass die Zuordnung von IP-Adressen zu realen Personen bei jeder noch so
       geringen Straftat möglich ist - und dies sogar ohne Richtervorbehalt. Hier
       wird die Freiheit des Internets, die ja wesentlich auf der Anonymität
       beruht, zu leichtfertig preisgegeben.
       
       Jetzt schaut alles auf die Berliner Koalition. Solange sie über eine
       Neuregelung berät, gibt es in Deutschland keine Vorratsdatenspeicherung.
       Das kann spannend werden. Die Union wird vermutlich zur Eile drängen und
       auf drohende Sicherheitslücken verweisen. Dagegen könnte die FDP auf Zeit
       spielen, weil sie die Speicherung von Bürgerdaten ohne konkreten Verdacht
       ohnehin ablehnt.
       
       So ist es einen Versuch wert, auf europäischer Ebene gleich auf eine
       Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung zu drängen. Erst am Wochenende hat
       die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding erklärt, dass sie die
       Vorratsspeicherung "auf den Prüfstand" stellen will. Sechs weitere Staaten
       haben bislang noch nicht einmal Gesetze geschaffen, um die EU-Vorgabe
       umzusetzen.
       
       Das Karlsruher Urteil hat jedenfalls wichtige Argumente für diese
       europäische Debatte geliefert. Es hat klargemacht, dass die vorsorgliche
       Speicherung gewaltiger Mengen alltäglicher Bürgerdaten nur sehr schwer zu
       rechtfertigen ist. Hoffentlich wird das Signal in vielen Staaten Europas
       verstanden.
       
       3 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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