# taz.de -- Helmut Markworts neues Glück: Weiß seine "Bunte"-Frau davon?
       
       > Helmut Markwort, Lebensgefährte von "Bunte"-Chefredakteurin Patricia
       > Riekel, flirtet mit einer schönen Unbekannten. Alles über den Skandal,
       > der den deutschen People-Journalismus erschüttert.
       
 (IMG) Bild: "Focus"-Gründer Helmut Markwort im Glück. Seine Begleiterin hat fast ein bisschen Ähnlichkeit mit taz-Chefredakteurin Ines Pohl.
       
       BERLIN taz | Die Frage ist: Ist das ein Skandal? Die Agentur CMK Images hat
       im Auftrag der Illustrierten Bunte Politiker privat beobachtet, etwa Horst
       Seehofer (CSU), Oskar Lafontaine (Linke) und Franz Müntefering (SPD). Der
       Stern hat darüber berichtet, an diesem Donnerstag legt er nach: Auch Günter
       Verheugen und Wolfgang Tiefensee (beide SPD), Christian Wulff und Günther
       Oettinger (beide CDU) seien von der CMK heimlich mit ihren je neuen
       Lebensgefährtinnen beschattet worden.
       
       Also: Skandal? Durchaus, sagt Bernhard Pörksen, Professor für
       Medienwissenschaft der Universität Tübingen und ein Herausgeber des Buchs
       "Skandal! Die Macht öffentlicher Empörung". Denn die Geschichte verlaufe
       quasi lehrbuchmäßig. Erstens: Normverletzung - "die hat zweifellos
       stattgefunden", sagt er, und zwar schon indem etwa Müntefering überhaupt
       privat observiert wurde. Zweitens: Berichterstattung darüber. Zwei
       ehemalige Mitarbeiter der CMK sprachen - aus welchen Gründen auch immer -
       mit dem Stern über Aufträge und Arbeitsweise. Und drittens: "Kollektive
       Empörung eines mehr oder weniger großen Publikums."
       
       Bliebe die Frage: Was genau ist skandalös am Fall Bunte/CMK? Michael
       Kneissler ist People-Reporter. Er hat bei Bunte und Stern gearbeitet, heute
       schreibt er Bücher und ist Promi-Blogger. "Wenn es in diesem Fall überhaupt
       einen Skandal gibt", sagt er, "dann besteht er darin, dass die
       Bunte-Redaktion das journalistische Kerngeschäft, die Recherche, aus der
       Hand gibt"; dass sie also eine Fotoagentur beauftrage, die auch
       detektivische Dienste anbiete, statt selbst das Heft in der Hand zu
       behalten.
       
       Claus Larass, von 1992 bis 1998 Chefredakteur von Bild, sagt: "Auch zu
       meiner Zeit wurden schon freie Fotografen beauftragt. Mit der Beauftragung
       einer Agentur hätte ich aber ein schlechtes Gefühl, wenn man sie nicht sehr
       gut kennt." Man wisse nicht: "Ist die clean? Hat man Kontrolle über die? Es
       gibt in jeder Redaktion eine eigene Kultur, und nur in der Redaktion hat
       man die Kontrolle und kann sagen: bis hierher und nicht weiter." Der Ärger,
       der über die Bunte und ihre Chefredakteurin Patricia Riekel nun
       hereingebrochen ist, basiert auf diesem Kontrollverlust: Die Methoden der
       Agentur, die Riekel nicht gekannt haben will, fallen auf die Bunte als
       Auftraggeberin zurück. Bernhard Pörksen, der Paparazzi-Fotos, die Politiker
       privat und nicht in irgendeinem öffentlich relevanten Kontext zeigen, einen
       gesellschaftlichen Mehrwert strikt abspricht, spricht vom "Outsourcing
       publizistischer Drecksarbeit". Das, sagt er, sei tatsächlich eine neue
       Entwicklung. Er meint, nicht nur Aufträge, sondern auch noch die
       Verantwortung abzugeben, indem man sich hinterher damit herausredet, für
       die Aktionen der Beauftragten nicht wirklich zuständig zu sein.
       
       "Bunte kennt die Berliner Foto- und Presseagentur CMK als journalistisches
       Unternehmen, deren Mitarbeiter überwiegend dem deutschen
       Journalistenverband angehören. Über unseriöse Recherchemethoden ist Bunte
       nichts bekannt", schrieb der Burda-Verlag, in dem Bunte erscheint, als
       Reaktion auf die Stern-Veröffentlichung in einer Pressemitteilung. Ein
       windelweiches Weiß-von-nix. Als könnte nicht jeder Hanswurst
       Journalistenverbandsmitglied werden.
       
       Einer der seitens der Agentur beteiligten Mitarbeiter heißt André Plath,
       einigen in der Branche ist er ein Begriff. Plath, einer der beiden
       Kronzeugen des Sterns, deren Glaubwürdigkeit manche in der Branche ohnehin
       anzweifeln, taucht mehrfach in Zeitungsarchiven auf. Allerdings nicht als
       Autor, sondern als Thema: In der Regel geht es darum, dass der ehemalige
       Feldwebel eines der Stasi unterstehenden Elitewachregiments undercover oder
       mit windigen Methoden Informationen sammelte, die im Interesse seiner
       Auftraggeber, auch Unternehmern, lagen. Die Süddeutsche Zeitung nannte
       Plath einmal "sehr freier Journalist".
       
       Die Recherchemethoden, die die CMK laut Stern zum Teil anwandte, zum Teil
       nur in Erwägung zog, erinnern an einen Krimi: Eine Fußmatte sollte mit
       einem Bewegungsmelder versehen, eine Wohnung von einem Hausboot aus
       beobachtet werden. In der neuen Ausgabe zitiert der Stern einen seiner
       Kronzeugen, die Agentur habe einem CDU-nahen Unternehmer angeboten, gegen
       Bezahlung diskreditierendes Material über Lafontaine zu sammeln. Der
       Briefkasteninhalt von Münteferings Freundin sei zur Prüfung ihrer
       Anwesenheit überwacht, ein Bäcker ausgefragt, eine Wohnung in der
       Nachbarschaft ausgekundschaftet worden. Es gab offenbar den Versuch, als
       Praktikant in Lafontaines Nähe zu kommen. Münteferings Freundin wurde
       beschattet. Vor allem wurden ganz profane Teleobjektive benutzt. Abgesehen
       mal vom erstaunlich langweiligen Ergebnis dieser Mühen, ist die Frage:
       Beweisen sie, dass der deutsche Boulevardmedienmarkt außer Kontrolle gerät?
       
       People-Journalist Michael Kneissler sagt: nein. "Der deutsche
       People-Journalismus ist wahrscheinlich einer der harmlosesten der Welt." Es
       gebe eher die Tendenz zur Hofberichterstattung, auch über Politiker. "Die
       sollen froh sein, dass sie nicht in England oder den USA Politiker sind."
       Dort wurde - um nur ein Beispiel zu nennen - ein Reporter 2007 zu drei
       Jahren Haft verurteilt, weil er einen Privatdetektiv die Mailbox dreier
       Angestellter des Königshofs anzapfen ließ, um an Informationen zu kommen.
       
       Auch andere Boulevardleute verteidigen ihren Bereich: Eine Reporterin sagt,
       Geschichten über das Privatleben von Politikern würden doch gerade in
       Berlin der Medienbranche ohnehin "auf dem Silbertablett" präsentiert; es
       würde viel intrigiert, Agentenmethoden seien unnötig. Ein anderer sagt: "Es
       kommt vor, dass Journalisten Richtmikrofone aufstellen. Aber es ist nicht
       üblich."
       
       "Überall um uns herum - in Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien und
       auch in den USA - wird härter geklatscht als bei uns", sagt Christian
       Schuldt, von dem 2009 eine Kulturgeschichte unter dem Titel "Klatsch! Vom
       Geschwätz im Dorf zum Gezwitscher im Netz" erschienen ist. "Exklusive
       Informationen zu beschaffen, das ist das Metier." Zumindest international
       seien "solche Methoden längst bekannt". Denkbar sei jedoch, dass sich der
       deutsche People-Medienmarkt unter den erschwerten Bedingungen, die das
       Internet auch für ihn geschaffen habe, "dem internationalen Standard
       annähert".
       
       Claus Larass sieht die Methoden eher in einem dauernden Wandel: "Es gilt
       immer das Gesetz", sagt der ehemalige Bild-Chef. "Aber früher war manches
       gesetzlich nicht so festgezurrt wie heute." Als Beispiel nennt er das
       "Caroline-Urteil" des Europäischen Gerichtshofs von 2004, in dem es heißt,
       es gebe kein legitimes öffentliches Interesse daran, "wo Caroline von
       Hannover sich aufhält und wie sie sich allgemein in ihrem Privatleben
       verhält". In den Sechzigern hätte ein Reporter eher "einen Arztkittel
       angezogen, um in ein Krankenhaus zu kommen." Heute, sagt Larass, sei dafür
       durch die elektronischen Möglichkeiten einiges "ekliger" geworden. Aber der
       Journalismus brauche eine "wenig definierte Zone", in der er sich bei einer
       investigativen Recherche bewegen könne, um an Informationen zu gelangen.
       "Dass man jemandem vor einem Haus postiert, das muss, denke ich, im Prinzip
       möglich sein."
       
       Bliebe die Frage: welche Informationen? Jede investigative Recherche
       enthält Momente der Abwägung: Ist das Erkenntnisinteresse groß genug, um
       eine Grenzüberschreitung zu wagen? Darf man, nur mal als Beispiel, etwa
       einem US-Präsidentschaftskandidaten für ein Foto im Fitnessstudio
       auflauern? In der Branche heißt es, Bild habe, als Barack Obama in Berlin
       war, in jedem Studio, das für ihn als Sportstätte infrage kam, eine Frau
       postiert. Fakt ist: Bild druckte anschließend ein Foto Obamas mit einer
       Frau im Fitnessstudio. In Ordnung oder nicht? Sollte ein
       Präsidentschaftskandidat, dem Image alles ist, selbst verfügen dürfen,
       welche Informationen öffentlich werden? Das nicht. Aber fügt ein Foto von
       ihm in einem grauen Sport-T-Shirt, wie es Bild druckte, ein relevantes
       Detail hinzu?
       
       Als Bunte-Chefredakteurin Patricia Riekel von der Welt am Sonntag gefragt
       wurde, ob sie Münteferings neue Beziehung für eine Staatsaffäre halte,
       antwortete sie: "Wenn der Stern die Geschichte für so irrelevant hielt,
       warum hat er sie dann eifrigst nacherzählt?" Gute Frage. Sie betrifft die
       ganze Branche. Aber keine Antwort. Die gab Riekel in einer Erklärung:
       Politiker, hieß es, seien "Leitfiguren unseres Wertesystems", deren
       privates Verhalten "Auswirkungen auf die Moral der Gesellschaft und damit
       unter Umständen auch auf politische Entscheidungsprozesse" habe. Am
       Dienstag legte sie, nachdem Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast eine
       Entschuldigung gefordert hatte, nach: Es gehöre zur Aufgabe der Presse,
       "durch Berichte über Politiker zur Meinungsbildung beizutragen". Selten
       wurde der eigene Berufsstand weniger verblümt in den Dreck geritten. Dass
       Medien mal mit der ungeschriebenen Regel brechen, das Privatleben von
       Politikern sei privat, solange es nicht die Politik berühre, ist nicht neu.
       Aber wohl nie wurde ein solcher Bruch so offensiv gerechtfertigt wie jetzt.
       Die Frage, wohl die entscheidende, ist: Weist das in die Zukunft?
       
       4 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Raab
       
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 (DIR) Journalismus
       
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