# taz.de -- EU spricht vom Regulieren: Im Alleingang gegen Spekulanten
> Die EU diskutiert einen Währungsfonds, Deutschland und Frankreich wollen
> gegen Finanz-Jongleure vorgehen. Aber ist das glaubwürdig? Nach der
> Finanzkrise ist nicht viel passiert.
(IMG) Bild: Bleibt schön fort, ihr bösen Spekulanten!
BERLIN taz | Die Europäer wollen gegen Spekulanten vorgehen - notfalls auch
im Alleingang. Eine entsprechende Initiative stellte Bundeskanzlerin Angela
Merkel gestern in Luxemburg vor, wo sie sich mit dem luxemburgischen
Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker,
traf.
Gemeinsam mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und dem
griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou wollen die beiden in
einem Brief an EU-Kommissionschef José Manuel Barroso die Neufassung einer
EU-Richtlinie gegen missbräuchliche Spekulationsgeschäfte fordern. Damit
sollen Wetten auf fallende Kurse oder auf die Pleite ganzer Staaten und der
weitgehend unbeaufsichtigte Wertpapierhandel außerhalb der Börsen
eingeschränkt werden.
"Wir sind uns einig, dass wir Finanzspekulationen unterbinden müssen",
sagte die Kanzlerin. Im Visier haben die Regierungen zwei Arten von
Finanzgeschäften, die auch zur Spekulation gegen Griechenland genutzt
worden sein sollen.
Zum einen sollen ungedeckte Leerverkäufe, mit denen Spekulanten aus
fallenden Kursen von Aktien, Anleihen oder Währungen Profit schlagen,
verboten werden (siehe Kasten). Finanzminister Wolfgang Schäuble kündigte
vergangene Woche bereits ein entsprechendes Bundesgesetz an. Die
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hatte auch schon
nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008
solche Deals zeitlich befristet untersagt, um die Abwärtsspirale an den
Börsen zu bremsen.
Zum andern sollen Geschäfte mit Credit Default Swaps (CDS) eingeschränkt
werden. Weil es sich hierbei um eine Art Versicherung für Kreditgeber
handelt, werden sie wohl nicht komplett verboten. Verhindert werden könnte
jedoch, dass sich Investoren, die selbst gar keine Kredite vergeben,
mithilfe von CDS bereichern. Denn je näher Spekulanten Schuldnerstaaten wie
Griechenland oder Spanien an den Rand des Ruins treiben, desto höher
steigen die Preise für die Versicherungen und desto größere Kursgewinne
lassen sich damit erzielen.
Der Altmeister unter den Spekulanten, der US-Investor Warren Buffet,
bezeichnete die CDS sogar einmal als "finanzielle
Massenvernichtungswaffen". Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte,
die Bundesregierung bemühe sich auch um eine verbesserte Transparenz. Denn
in dem bisher völlig intransparenten und außerbörslich stattfindenden
CDS-Handel könnten Hedgefonds die Preise manipulieren.
Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hatte am Montag bei
einem Besuch in Washington auch die US-Regierung zu einem Eingreifen gegen
Spekulanten aufgefordert: "Prinzipienlose Spekulanten verdienen täglich
Milliarden mit ihren Wetten auf einen griechischen Staatsbankrott", sagte
er. "Amerika und Europa müssen endlich sagen: ,Genug ist genug!'"
Die bisherigen Anstrengungen, im transatlantischen Schulterschluss die
globalen Finanzmärkte zu regulieren, sind jedoch nicht sehr weit gediehen.
Zwar haben sich die Industrie- und Schwellenländer der G 20 genau das
vorgenommen. So wollten sie Hedgefonds und Ratingagenturen an die Leine
legen, Steueroasen trockenlegen und Banken zwingen, mehr Eigenkapital
vorzuhalten. Doch viel passiert ist seither nicht. Stattdessen preschte die
US-Regierung alleine mit einem ambitionierten Plan vor, die gefährlich groß
gewordenen Banken zu verkleinern und sie daran zu hindern, selbst auf den
Finanzmärkten zu spekulieren.
Die jetzt an die EU-Kommission gerichtete Initiative will kleinere Brötchen
backen. Sie wird auch unabhängig von der Idee eines Europäischen
Währungsfonds verfolgt, denn darüber herrscht bislang keine Einigkeit -
nicht einmal innerhalb der Bundesregierung selbst. Das nun geforderte
Vorgehen gegen Leerverkäufe und Credit Default Swaps hat demgegenüber den
Vorteil, dass damit direkt und relativ schnell auf Probleme der
europäischen Schuldennationen wie Griechenland eingegangen werden könnte.
Immerhin wendet sich die Bundesregierung damit von ihrem bisherigen Dogma
"Bloß keine Alleingänge" ab. "Wir können nicht immer warten, bis der Letzte
an Bord ist", zitierte die Süddeutsche Zeitung aus Verhandlungskreisen.
Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Gesine Lötzsch,
kritisierte allerdings den Umweg über Brüssel: "Die Börse ist blitzschnell,
die Bundesregierung ist unendlich langsam. Das hat Methode." Auch der
finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, forderte "endlich
konkrete Handlungen" statt "öffentlichkeitswirksamer Absichtserklärungen
und Aufforderungen".
10 Mar 2010
## AUTOREN
(DIR) Nicola Liebert
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