# taz.de -- Flugdaten-Abkommen: USA bewerben ihr Terror-Orakel
       
       > Zur Bankdaten-Weitergabe hat das EU-Parlament Nein gesagt. Nun fürchten
       > die USA, dass die Ablehnung eines Flugdaten-Abkommens - und schicken
       > Beschwichtiger.
       
 (IMG) Bild: Momentan übermitteln die Fluggesellschaften bei Flügen in die USA Daten wie Name, Adresse, Kreditkartennummer und Angaben zum Reiseverlauf.
       
       Mary Ellen Callahan ist für das US-amerikanische Heimatschutzministerium
       nach Europa gekommen, um zu besänftigen. Die Öffentlichkeit, Datenschützer,
       vor allem aber die EU-Parlamentarier. Sie soll sicherstellen, dass die
       Europabgeordneten nach der Ablehnung des Swift-Bankdatenabkommens im
       Februar nicht auch noch das Abkommen zur Übermittlung von Fluggastdaten
       ablehnen.
       
       "Die USA nehmen den Datenschutz sehr ernst", sagte die
       US-Heimatschutz-Abgesandte am Donnerstag in Berlin. Sie machte klar, dass
       die USA aber keinesfalls bereit sind, auf die Passagierdaten zu verzichten.
       "Das ist ein sehr wichtiges Element unseres Antiterrorarsenals." In den
       Tagen davor hatte Callahan bereits in Brüssel und Straßburg EU-Abgeordnete
       und Vertreter der EU-Kommission getroffen. Ein Drittel von "hunderten"
       Terrorverdächtigen seien angeblich im letzten Jahr wegen der Flugdaten
       ermittelt worden, sagte sie in Brüssel. "Das sind konkrete Ergebnisse."
       
       Das EU-Abkommen über die Weitergabe von Fluggastdaten an die USA wird seit
       2007 nur vorläufig angewandt. Momentan übermitteln die Fluggesellschaften
       bei Flügen in die USA Daten in 19 Kategorien, darunter Name, Adresse,
       Kreditkartennummer, Informationen zum Gepäck, Sitzplatznummer und Angaben
       zum Reiseverlauf. Das Ziel: Terroristen frühzeitig zu erkennen. Dafür
       können die Daten 15 Jahre lang gespeichert werden. Neben dem
       Heimatschutzministerium (DHS) können auch andere Sicherheitsbehörden auf
       sie zugreifen, was zwischen August 2008 und Januar 2010 nach US-Angaben
       216-mal passiert ist.
       
       In Ausnahmefällen können US-Behörden laut dem Abkommen auch auf "sensible
       Daten" zugreifen, die Rückschlüsse auf Religion oder ethnische
       Zugehörigkeit zulassen - etwa das bestellte Essen an Bord. Diese Daten
       müssten dann allerdings nach 30 Tagen gelöscht werden.
       
       "Jeder Europäer kann beim US-Heimatschutzministerium anfragen: Welche
       Informationen liegen über mich vor, kann ich sie einsehen und
       gegebenenfalls korrigieren", versuchte die DHS-Abgesandte Callahan auf
       ihrer Europareise zu beschwichtigen. Doch viele EU-Abgeordnete bleiben
       skeptisch.
       
       Kritisiert hat das Europaparlament das Abkommen schon lange; doch erst mit
       dem am 1. Dezember in Kraft getretenen EU-Vertrag von Lissabon kann es bei
       internationalen Abkommen mitentscheiden. Und beim Datenschutz haben die
       Abgeordneten erst vor einem Monat klargemacht, dass sie auch Nein sagen
       können, als sie das sogenannte Swift-Abkommen zur Übermittlung von
       Bankdaten an die USA ablehnten. Auch vor dieser Entscheidung gab es
       massiven US-Lobbyismus - ohne Erfolg.
       
       Die spanische Ratspräsidentschaft will, dass die EU-Abgeordneten das
       Fluggastdatenabkommen mit den USA möglichst schnell absegnen. Doch daraus
       wird wohl nichts. "So kann das Parlament das Abkommen nicht akzeptieren",
       sagte Jan Philipp Albrecht, Innenexperte der Grünen im Europaparlament, der
       taz. Die Speicherdauer von 15 Jahren sei viel zu lang, und zudem sei nicht
       transparent, welche US-Behörden die Daten für welche Zwecke benutzen
       könnten.
       
       In der jetzigen Form will dem Abkommen auch der CDU-Innenexperte Axel Voss
       nicht zustimmen, der Berichterstatter der Europäischen Volkspartei zum
       Thema Fluggastdaten ist. "15 Jahre Speicherung sind bei weitem zu lang",
       sagte Voss der taz. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass die Daten
       wirklich nur zur Terrorabwehr und zur Bekämpfung schwerer Straftaten
       verwendet werden.
       
       Ein brüskes "Nein" des EU-Parlaments wie zum Swift-Bankdatenabkommen ist
       aber unwahrscheinlich. Denn das Druckmittel der USA ist hoch: So haben die
       Behörden immer wieder klargemacht, dass sie Fluggesellschaften, von denen
       keine Passagierdaten vorliegen, die Landung verweigern werden. Wenn es um
       die Einreise in ihr Land geht, sitzen die USA am längeren Hebel.
       
       Vergangene Woche befasste sich der Innenausschuss des EU-Parlaments mit dem
       Fluggastdatenabkommen. Danach räumte auch die liberale Berichterstatterin
       Sophie int Veld ein, dass eine Ablehnung komplizierter sei als beim
       Bankdatenabkommen. "Die Konsequenzen wären deutlich schwerwiegender."
       
       Die EU-Parlamentarier wollen nun die Abstimmung zumindest bis zum Herbst
       verschieben. Bis dahin soll die Kommission Regeln für die Übermittlung von
       Fluggastdaten ausarbeiten, die für alle Nicht-EU-Länder gelten. Denn auch
       mit Kanada und Australien bestehen ähnliche Abkommen, Letzteres gilt auch
       nur vorläufig. Und nach taz-Informationen aus Sicherheitskreisen haben nun
       auch China, Russland und Südkorea Interesse an einem Austausch von
       Fluggastdaten zur Terrorabwehr bekundet.
       
       12 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
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