# taz.de -- Missbrauch in der katholischen Kirche: Der Fehler des Unfehlbaren
       
       > Ist auch Benedikt XVI. in den Skandal der katholischen Kirche verwickelt?
       > Der Papst schweigt zu einem Fall aus seiner ehemaligen Diözese - und wird
       > dafür kritisiert.
       
 (IMG) Bild: Zu den Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen sagte er am Sonntag: Nichts.
       
       In dem Missbrauchsskandal der katholischen Kirche wird jetzt auch Kritik an
       Papst Benedikt XVI. laut. "Eine Autorität, die schweigt, gewinnt nicht an
       Autorität, sondern sie wird beschädigt", sagte Christian Weisner, der
       Sprecher der Reformbewegung "Wir sind Kirche" am Sonntag der taz. "Der
       Papst hat wieder die Chance vertan, ein Wort des Mitgefühls zu sprechen.
       Auch kirchentreue Katholiken verstehen dieses Schweigen nicht." Der Papst
       hatte lediglich über den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
       Robert Zollitsch, seine Betroffenheit ausrichten lassen.
       
       Beim sogenannten Angelusgebet am Sonntag in Rom ging der Papst mit keinem
       Wort auf den Skandal an katholischen Einrichtungen in Deutschland ein - in
       der Vergangenheit hatte Benedikt bei dem Gebet oft aktuelle Ereignisse
       thematisiert. Die Andacht war sein erster öffentlicher Auftritt, nachdem am
       Freitag Abend eine folgenreiche Entscheidung aus Joseph Ratzingers früherer
       Erzdiözese bekannt geworden war. Ratzinger war zwischen 1977 und 1982
       Erzbischof von München und Freising.
       
       Ein pädophiler Pfarrer wurde hier seit 1980 fast ununterbrochen in der
       Gemeindearbeit eingesetzt. Dort verging er sich erneut an Jugendlichen und
       wurde dafür gerichtlich verurteilt. Als Erzbischof saß Ratzinger im
       Ordinariatsrat des Bistums. Der Rat stimmte der Versetzung des Priesters
       nach München zu, der sich im Bistum Essen wegen Kindesmissbrauchs nicht
       halten ließ. Den Beschluss habe der damalige Erzbischof mit gefasst,
       bestätigte das Bistum einen Bericht der Süddeutschen Zeitung. 
       
       Die Erzdiözese räumte schwere Fehler im Umgang mit dieser Personalie in den
       Achtzigerjahren ein. Der frühere Generalvikar Gerhard Gruber, 81, übernehme
       die "volle Verantwortung" dafür, dass der Priester "trotz Vorwürfen des
       sexuellen Missbrauchs und trotz einer Verurteilung" wiederholt in der
       Pfarrseelsorge eingesetzt wurde.
       
       Neben diesem Fall wurden am Wochenende zudem Missbrauchsfälle bei den
       Regensburger Domspatzen bekannt, die der Bruder des Papstes, Georg
       Ratzinger, dreißig Jahre lang leitete. 
       
       Der Vatikan hingegen vermutet hinter der Kritik am Papst eine Kampagne.
       Einige hätten versucht, den Heiligen Vater persönlich in die
       Missbrauchsfrage hineinzuziehen, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi
       am Samstag. Doch diese Versuche seien gescheitert.
       
       Weisner von "Wir sind Kirche" forderte mehr Transparenz der Kirche. "Der
       Papst müsste seinen Nachfolgern in der Diözese erlauben, die Archive zu
       öffnen. Je schneller die Kirche offen mit dem Problem umgeht, desto
       besser." Nach der Bankenkrise sei eine moralische Instanz nötiger denn je,
       sagte Weisner weiter. "Es schmerzt, dass die Kirche derzeit Vertrauen
       verspielt und beinahe handlungsunfähig erscheint."
       
       Die Missbrauchsfälle schaden einer Emnid-Umfrage zufolge dem Ansehen der
       Kirche. 71 Prozent der Deutschen sagten in einer repräsentativen Erhebung
       für die Bild am Sonntag, die Vorfälle in Kircheneinrichtungen hätten der
       Glaubwürdigkeit der Kirche geschadet. Nur 22 Prozent sehen das anders.
       Unter den Katholiken sind 67 Prozent der Meinung, ihre Kirche habe an
       Glaubwürdigkeit eingebüßt. Für 31 Prozent ist dies nicht der Fall. Das
       Institut hatte 502 Personen befragt.
       
       15 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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