# taz.de -- Der Lena-Meyer-Landrut-Hype: Verdammte Scheiße, ist die echt!
       
       > "Unser Star für Oslo"-Gewinnerin Lena Meyer-Landrut hat drei
       > Top-Five-Singles und ist ein Riesenhype im Internet. Weil sie so süß ist,
       > weil sie so echt ist. Doch wie lange hält sie das durch?
       
 (IMG) Bild: Die Fernseh-Lena wird immer mächtiger.
       
       Medienkritiker Stefan Niggemeier schreibt oft gehässige Kritiken von
       TV-Events, doch dieses Mal war es anders. Mit "breitem sinnlosen Grinsen"
       sah er zu, wie Lena Meyer-Landrut die Vorentscheidung zum Grand-Prix
       gewann. "Niggi" hat Lena lieb - und jeder andere auch. Man muss sich nicht
       mehr für Deutschland schämen. Zumindest nicht in der Grand-Prix Final-Nacht
       am 29. Mai 2010.
       
       Lena ist Konsens. Am Freitag wurden die neuen Single-Charts bekannt
       gegeben: Ihr Gewinner-Lied "Satellite" steht auf Platz eins. Platz zwei und
       vier gehen an ihre beiden anderen Songs "Bee" und "Love Me". Zum ersten Mal
       seit Beginn der Charterhebung 1959 ist eine Künstlerin damit mit drei
       Singles in den Top-Five vertreten.
       
       Dabei war ihre Fernsehquote gar nicht so berauschend: 4,5 Millionen
       Zuschauer waren bei Lenas Sieg dabei, das ist ein Marktanteil von 14,6
       Prozent. Die Casting-Konkurrenz von "Deutschland sucht den Superstar" hatte
       am vergangenen Samstag zwei Millionen Zuschauer mehr. Produzent Stefan Raab
       sagte daraufhin, er wisse sehr wohl, wie man die Quote von "Unser Star für
       Oslo" verdoppeln könne - indem man nämlich einen auf Dieter Bohlen mache,
       Erniedrigung und Tränen inklusive - aber das wolle er nicht.
       
       Im Internet schien die Aufmerksamkeit für die Sendung größer zu sein: Vor
       zwei Wochen kam keiner an dem Kürzel #usfo vorbei. Beim
       Kurznachrichtendienst Twitter aktualisierten sich die Meldungen im
       Sekundentakt. Die Internet-Seite [1][www.unser-star-fuer-oslo.de] war
       stundenlang überlastet. Damit auch weiterhin alle auf diese offizielle
       Seite strömten, machte sich die Produktionsfirma Brainpool daran, alle auf
       YouTube geladenen Final-Mitschnitte sofort zu entfernen. Denn immerhin sind
       vor jedem Videoaufruf 20 Sekunden Werbung geschaltet, an denen man
       verdienen will. So kann man sich leicht die Aufmerksamkeit des Netzes
       verspielen.
       
       Doch der Hype um Lena hält immer noch an. Nie wurde eine Single in
       Deutschland innerhalb von einer Woche öfter bei iTunes und Musicload
       heruntergeladenen - 150.000 Mal sind es mittlerweile. Er steht immer noch
       auf Platz eins. Lena hat mit 53.000 Facebook-Freunden doppelt soviele wie
       Angela Merkel. Soviel Konsens wäre die Kanzlerin auch gerne.
       
       In der FAS schrieb Niggemeier, dass das Fernsehen für Glücksmomente
       zuständig sei, und Lena habe einen geliefert. Solche Glücksmomente leben im
       Internet weiter. Immer wieder kann man in diese kurzen Clips eintauchen.
       Doch um im Netz auf Dauer konsensfähig zu sein, braucht es etwas, das bei
       perfekt inszenierten TV-Veranstaltungen und Pop-Produktionen oft fehlt:
       Authentizität.
       
       Lena ist kein Produkt der Pop-Industrie, sie ist (noch) echt. Perfekt
       schien deshalb ihr letztes Lied am Abend der Vorentscheidung zu ihr zu
       passen. Den Text zu "Love Me" hat sie selbst geschrieben, Stefan Raab hat
       das Lied komponiert. Der Song verband ihr Gesangstalent mit coolen
       Sprecheinlagen, die so perfekt scheinende Lena durfte sogar "I don't give a
       shit" sagen, das stand 18-jährigen Abiturienten sichtbar gut.
       
       Doch das Volk durfte mitentscheiden, und so kam alles anders: "Satellite"
       bekam die meisten Stimmen. Ein Aufschrei ging durchs Netz: "Das Publikum
       ist ein Idiot. Das hat doch jeder gesehen, dass Lena keine Lust auf den
       Song hatte.", [2][twitterte] der "Popkulturjunkie". Niggemeier forderte
       noch nachts bei [3][faz.net] einen anderen Modus fürs Aussuchen der Songs.
       
       Fast alle ihrer Cover-Versionen, die Lena seit Wochen gesungen hatte,
       hatten mehr Persönlichkeit als "Satellite". Bei "Mr Curiosity" bekommt man
       heute noch Gänsehaut. "Satellite" schafft das nicht. Das offizielle Video
       erst recht nicht. Es wurde gleich am Tag nach dem Finale gedreht. Der Clip
       ist so clean, wie es das Fernsehen verlangt. Von "unserer Lena", die am
       Finalabend nur noch "derbe", "fett" und "verdammte Scheiße" herausbrachte,
       ist ungefähr noch soviel zu sehen, wie von dem Tattoo, das unter ihrem
       linken Shirt-Ärmel hervorblitzt.
       
       Ob die Netzwelle dank der alten Clips Lena bis Ende Mai tragen wird?
       Einigen wird das Phänomen Lena langsam unheimlich. Andere sind vom Fußball-
       zum Musikexperten geworden. Mittlerweile hat Niggemeier auf seinem Blog ein
       [4][Video] stehen, das einen Komponisten und Musikleherer Klaus Kauker
       zeigt: "Super Sendung, mich hat auch interessiert, wer uns Deutsche da in
       Europa vertritt". Aber "Satellite" würde er umschreiben würde - der Song
       sei in Lenas Version "so schlecht, das hat einer in der Mittagspause mal
       eben so angefertigt". Recht hat er. Das Publikum ist einfach ein Idiot.
       
       25 Mar 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.unser-star-fuer-oslo.de/index.php
 (DIR) [2] http://twitter.com/popkulturjunkie/status/10389497245
 (DIR) [3] http://faz-community.faz.net/52313/print.aspx
 (DIR) [4] http://www.stefan-niggemeier.de/blog/lenas-doofes-dauerndes-h-moll/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Dörfler
       
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