# taz.de -- Flüchtlinge in Bayern: Sehnsucht nach dem Supermarkt
       
       > Kein anderes Bundesland gewährt Asylbewerbern so wenig Freiheiten wie
       > Bayern. Einige wehren sich und boykottieren ihre Essenspakete. Doch die
       > CSU bewegt sich nur langsam.
       
 (IMG) Bild: Waren mit Preisen: Die bleiben Asylbewerbern meist verwehrt.
       
       REGENSBURG taz | "Das ist Wahnsinn", sagt der junge Iraker, der seinen
       Namen nicht in der Zeitung lesen will, und wedelt wütend mit einem Blatt
       Papier. 25 Euro soll er zahlen, weil er ohne Erlaubnis einen Freund in
       Würzburg besucht hat. Einen Freund aus dem Irak, den er drei Jahre nicht
       gesehen hatte. "Wir haben überhaupt keine Rechte."
       
       Deshalb weigert er sich seit Ende Januar, die Essenspakete anzunehmen, mit
       denen er versorgt wird. Immer mehr Flüchtlinge aus verschiedenen Wohnheimen
       in Bayern schließen sich dem Protest an, zuletzt Asylbewerber aus Passau,
       Regensburg und Augsburg. Sie fordern Geld statt Sachleistungen, eine
       Arbeitserlaubnis, freie Wohnungswahl und die Aufhebung der sogenannten
       Residenzpflicht. Die verbietet ihnen, den Landkreis ohne behördliche
       Genehmigung zu verlassen.
       
       In keinem Bundesland haben Flüchtlinge so wenig Freiheiten wie in Bayern.
       In Berlin etwa dürfen sich Asylbewerber nach drei Monaten eine Wohnung
       suchen und bekommen dann monatlich gut 220 Euro für ihren Lebensunterhalt.
       In Bayern gibt es Essenspakete statt Bargeld. In eine Privatwohnung dürfen
       Flüchtlinge erst ziehen, wenn sie offiziell geduldet sind und den
       Lebensunterhalt selbst verdienen.
       
       Die Kritik daran mehrt sich, seit vor einem Jahr Experten in einer Anhörung
       im Landtag die Asylpolitik scharf angegriffen hatten. Politiker aus
       Opposition und FDP fordern eine Kehrtwende. Im Januar hat die CSU ein
       eigenes Positionspapier für eine neue Asylpolitik vorgelegt, das lediglich
       einige Zugeständnisse macht. So soll etwa die Residenzpflicht gelockert
       werden und der Umzug in eine Privatwohnung künftig nach maximal vier Jahren
       möglich sein. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält an seinem Credo
       fest: "Mit mir wird es keine Aufweichung in der Asylpolitik geben."
       
       Deshalb der Boykott. 55 der 161 Bewohner der Sammelunterkunft in der
       Plattlinger Straße in Regensburg erhalten Essenspakete. Davon streiken 13
       laut Bürgerinitiative Asyl Regensburg, und 6 laut der Regierung der
       Oberpfalz. Dass Familien mit Kindern die Pakete annehmen, heißt aber nicht,
       dass sie den Boykott nicht unterstützen. "Wir sind seit über einem Jahr in
       Deutschland und bekommen immer das Gleiche", sagt ein Vater. "Die Kinder
       essen nichts mehr."
       
       "Man will die Menschen so weit zermürben, dass sie möglichst schnell einer
       freiwilligen Rückführung zustimmen", sagt der Würzburger Mediziner August
       Stich. "Die CSU ignoriert, dass Menschen an der Lagerhaltung leiden", sagt
       Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Stich und Thal hatten bei
       der Expertenanhörung im Landtag gesprochen. Beide monieren, dass die CSU in
       ihrem Positionspapier ihre Grundhaltung gegenüber Flüchtlingen nicht
       ändere.
       
       Auf eine Lockerung der Residenzpflicht haben sich CSU und FDP unterdessen
       geeinigt, am Donnerstag segnete der Sozialausschuss die entsprechende
       Vorlage ab. Künftig sollen sich Asylbewerber im jeweiligen Regierungsbezirk
       sowie in angrenzenden Landkreisen frei bewegen dürfen. Ursprünglich wollten
       die Regierungsparteien die Neuregelung der Asylpolitik im Gesamtpaket
       vorstellen, doch FDP und CSU können sich nicht einigen. Wie hartnäckig
       Innenminister Herrmann sein kann, hat er bereits im vergangenen Juli
       gezeigt: Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) wollte einen Passus
       aus der Asylverordnung streichen, wonach die Sammelunterkünfte "die
       Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern". Das scheiterte am
       Innenministerium.
       
       26 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Nefzger
       
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