# taz.de -- Anti-Atom-Kette: Öko-Wirtschaft als Helfer und Sponsor
       
       > Mit fast 300.000 Arbeitsplätzen beschäftigt sie inzwischen mehr als zehn
       > Mal so viele Menschen wie die Atomindustrie. Auch sie ruft zur
       > Menschenkette gegen die Atomkraft auf.
       
 (IMG) Bild: Firmen und Verbände rufen zur Menschenkette auf.
       
       Das hat es bei den Protesten vor dreißig Jahren nicht gegeben, auch nicht
       vor zehn, doch bei der Anti-Atom-Demonstration vergangenen Herbst in Berlin
       waren sie in großer Zahl dabei: die VertreterInnen aus der Wirtschaft,
       genau genommen handelte es sich um die MitarbeiterInnen aus der
       Erneuerbare-Energien-Branche.
       
       Die Wind-, Solar- und Bioenergieindustrie ist eine der wenigen, die derzeit
       boomt. Mit fast 300.000 Arbeitsplätzen beschäftigt sie inzwischen mehr als
       zehn Mal so viele Menschen wie die Atomindustrie. "Schon bis zum Jahr 2020
       können die Erneuerbaren Energien rund die Hälfte des deutschen
       Stromverbrauchs decken und damit den Atomausstieg mehr als kompensieren",
       rechnet Dietmar Schütz, Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energie
       (BEE), vor.
       
       Diese Rechnung hält auch das Umweltbundesamt für realistisch. Allerdings
       sind dem rasanten Wachstum Grenzen gesetzt. Die Branche kann nur so zügig
       weiterwachsen, wenn die Atomindustrie nicht noch zusätzlich Strom
       produziert. Schon jetzt gibt es Überkapazitäten. "Längere Laufzeiten für
       Kernkraftwerke blockieren den Ausbau der erneuerbaren Energien", so Schütz.
       
       Und so ist es kein Wunder, dass nicht nur der BEE zur Menschenkette am
       Samstag aufruft, sondern auch einzelne Firmen selbst. Einige
       Solarunternehmen schicken Firmenbusse. Andere führen auf der Demo ihre
       neuesten solarbetriebenen Autos vor. Und die Ökoenergieunternehmen
       Lichtblick und Greenpeace Energy beteiligen sich finanziell an den
       Sonderzügen nach Biblis und Hamburg. Die Elektrizitätswerke Schönau haben
       sogar den Anti-Atom-Kinospot gesponsert.
       
       Inzwischen sind auch die großen Gewerkschaften dabei: Waren es in der
       Vergangenheit gerade einmal die Gewerkschaftsfunktionäre im Mittelbau, die
       die Atomkraft ablehnten und die Proteste dagegen unterstützten, hielt sich
       die Gewerkschaftsspitze aus Rücksicht auf die Kumpels in den Kohlengruben
       und die Kollegen in der Nuklearindustrie zurück.
       
       Nun aber hat sich auch dort das Blatt gewendet. Regenerative Energiequellen
       seien massiv auszubauen, fordert Dietmar Hexel vom Vorstand des Deutschen
       Gewerkschaftsbunds (DGB). Das verspreche Innovationen, gute Renditen und
       zukunftsorientierte Arbeitsplätze. "Atomkraft ist keine
       Zukunftstechnologie", sagte Hexel. Auch die Gewerkschaften haben Busse für
       die Fahrt zur Menschenkette organisiert.
       
       24 Apr 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Anti-Atomkraft-Bewegung: Das nächste große Ding
       
       Es ist kein Zufall, dass die Anti-Atomkraft-Bewegung in den letzten Jahren
       bei der jungen Generation an Schwung gewonnen hat. Die 30 Jahre alte
       Bewegung wurde gekonnt revolutioniert.
       
 (DIR) Die CDU und die Atomkraft: Der Protest erreicht die Konservativen
       
       "Wir müssen eine Zukunft ohne Kernenergie erfinden", sagt der saaländische
       Ministerpräsident Peter Müller. Längst sind nicht mehr alle Konservativen
       für Atomkraft.
       
 (DIR) Anti-Atom-Bewegung: Mit dem Internet zur Kette
       
       Im Veranstaltungskalender des weltweit größten sozialen Netzwerks,
       Facebook, taucht die Demonstration gleich mehrfach auf. Die Bewegung ist im
       Netz angekommen.
       
 (DIR) Anti-Atom-Bewegung: "Ist Handanfassen nicht total 80er?"
       
       Kirchen, Wendländer, Gewerkschaften, Unternehmer: Die Bewegung ist
       vielfältig. Differenzen gibt es über den Grad der Professionalisierung und
       die Rolle der Parteien.