# taz.de -- Kommentar Aufarbeitung Franco-Zeit: Vergessen ist keine Lösung
       
       > Die Demonstrationen vom Wochenende zeigen: Eine Aussöhnung ohne
       > Gerechtigkeit, wie sie Spanien nach dem Ende der Franco-Diktatur
       > versuchte, kann es nicht geben.
       
       Es war ein ungeheuerlicher Tabubruch, den Spanien am Samstag erlebte. Was
       als Bekundung der Solidarität mit Richter Baltasar Garzón gedacht war, der
       aufgrund seiner Ermittlungen zu den Verbrechen der Franco-Diktatur jetzt
       wegen Rechtsbeugung angeklagt ist, wurde zu einem kollektiven Schrei nach
       Gerechtigkeit. Einer Gerechtigkeit, die es so niemals geben sollte. Denn
       einer der Eckpfeiler der Transición - des Übergangs Spaniens zur Demokratie
       nach dem Tod von General Franco 1975 - war das Vergessen, war die Amnestie
       für alle politisch motivierten Verbrechen.
       
       Die Opfer und ihre Nachfahren wollen dies nicht mehr länger hinnehmen. Die
       gezielten Säuberungsaktionen der Faschisten gegen die "Roten" ist in ihren
       Augen ein Genozid, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Und diese
       verjähren nicht, und es darf auch keine Amnestie für sie geben.
       
       Es ist eine Basisbewegung, die da zusammenfand. Zaghaft unterstützen auch
       Politiker aus den Reihen der regierenden Sozialisten Richter Garzón. Doch
       nicht nur der politischen Rechten Spaniens, auch so manchem Sozialisten
       geht das, was am Samstag passierte, zu weit. Spanien habe mit der
       Transición und der Amnestie Großzügigkeit bewiesen. Dies dürfe jetzt nicht
       aufs Spiel gesetzt werden, argumentieren sie. So mancher setzt darauf, dass
       der Oberste Gerichtshof die Klage gegen Garzón doch noch einstellen könnte
       und dann alles wieder zur Normalität - zum Schweigen - zurückkehrt.
       
       Die Opfer und ihre Angehörigen hingegen haben sich auf der Straße gefunden
       und gemerkt, dass sie mit ihrem Schmerz nicht allein sind. Jahrzehntelang
       hatten sie geschluckt, geschwiegen. Eine Aussöhnung ohne Gerechtigkeit, wie
       sie Spanien versuchte, kann es nicht geben. Nach den Demonstrationen vom
       Samstag wird nichts mehr sein, wie es war.
       
       26 Apr 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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