# taz.de -- Kommentar Griechenland: Die Tat einiger Wahnsinniger
       
       > Mit der Brandstiftung von Athen wird der Protest kriminalisiert und in
       > Zusammenhang mit Totschlag gebracht. Es zeigt, dass die Kultur der
       > politischen Demonstration im Argen liegt.
       
 (IMG) Bild: Die Polizei will unbedingt ihre Macht demonstrieren, setzt massiv Tränengas ein.
       
       Ein Zeichen wollten die mehr als 100.000 Menschen in Athen und Thessaloniki
       setzen. Ihr Protest und der Generalstreik in Griechenland waren angesichts
       der Lohneinbußen für Millionen von Arbeitnehmern nur zu verständlich. Dabei
       spielt es keine Rolle, ob das Sparprogramm nun notwendig ist, um
       Griechenland aus der Schuldenfalle zu führen, oder nur wahnwitzig, weil mit
       ihm die schwindende Konjunktur endgültig abgewürgt wird. Wem zehn, zwanzig
       oder noch mehr Prozent von Lohn und Gehalt gekürzt werden, der muss auf die
       Straße gehen - selbst wenn vielen klar sein dürfte, wie wenig sie mit ihren
       Protesten ausrichten können.
       
       Doch das ist nicht das, was von diesem Tag übrig bleibt. Drei Menschen sind
       tot. Sie starben nicht durch Polizeikugeln wie im Dezember 2008 der
       jugendliche Demonstrant Alexandros Grigoropoulos. Sie wurden vielmehr
       offenbar Opfer gewaltbereiter Demonstranten. Sie wurden rein zufällig zu
       Opfern.
       
       Nicht die hunderttausend Demonstrierenden und die Millionen Streikenden in
       Griechenland sind für ihren Tod verantwortlich, sondern einige wenige
       konkrete Personen, die es für besonders revolutionär halten, eine
       Bankfiliale in Brand zu setzen, in der Menschen arbeiten. Diese Täter
       gehören dafür auf die Anklagebank. Doch es wäre naiv, die Brandstiftung von
       Athen als Straftat abzutun, die man getrost der zuständigen
       Staatsanwaltschaft und dem Gericht überlassen kann.
       
       Die brennende Bank markiert einen Wendepunkt in der Geschichte politischer
       Demonstrationen in Griechenland im Allgemeinen und der Proteste gegen das
       Sparpaket im Besonderen. Mit der Brandstiftung von Athen wird der Protest
       kriminalisiert und in direkten Zusammenhang mit Mord und Totschlag
       gebracht. Dass diese Tat weitere Proteste beflügeln könnte, werden nicht
       einmal die fanatischsten Gegner von Regierungschef Papandreou, der
       Europäischen Union und des IWF behaupten können.
       
       Losgezogen sind die Hunderttausend gestern in Athen, weil sie sich gegen
       eine staatlich verordnete Verarmung wehren wollten. Angekommen sind sie als
       über die Tat einiger Wahnsinniger zutiefst Erschrockene.
       
       Die Toten von Athen werden künftig auf jeder Versammlung präsent sein. Sie
       stehen dafür, dass in Griechenland nicht nur die ökonomische Lage im Argen
       liegt, sondern auch die Kultur der politischen Demonstration.
       
       6 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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