# taz.de -- Sarkozy und der Klimaschutz: Als Bettvorleger gelandet
       
       > Frankreichs Regierung entschärft Gesetzespaket: Viele Projekte werden
       > vertagt, der Ausbau der Windenergie wird gebremst. Das Land wollte
       > eigentlich Vorbild in Europa werden.
       
 (IMG) Bild: Von Sarkozys großen Umweltzielen ist nicht mehr viel übrig.
       
       PARIS taz | Was ist aus den großen Umweltzielen geworden, die der
       französische Präsident Nicolas Sarkozy nach seiner Wahl proklamiert hatte?
       Mit den Beschlüssen der Umweltkonferenz Grenelle pour l'environnement im
       Herbst 2007 sollte Frankreich ein Vorbild in Europa werden.
       
       Doch seither haben sich die Prioritäten geändert. Das derzeit debattierte
       zweite Umweltgesetzespaket Grenelle II, das den ehrgeizigen Ökozielen einen
       zweiten Schub geben sollte, ist mehr durch Verzicht, Rückschritt und
       Rückkehr zum "business as usual" geprägt. Am Dienstag stimmen die
       Abgeordneten über das Gesetz ab.
       
       Noch bevor die Diskussionen in der Nationalversammlung in der vergangenen
       Woche begonnen hatten, war klar, dass auf Wunsch der Staatsführung gebremst
       wurde. In ihren Augen scheint sie mit dem Bonus-Malus-System zur Förderung
       von Neuwagen mit weniger CO2-Ausstoß bereits mehr als ihre Ökopflicht getan
       zu haben.
       
       Die Einführung einer Kohlendioxidabgabe auf den Verbrauch von Erdöl, Gas
       und Kohle, die laut Sarkozy den Beginn einer "Revolution" im Bereich der
       Steuern einläuten sollte, ist bereits auf unbestimmte Zeit verschoben
       worden. Vorerst auf 2012 vertagt wird auch die Einführung einer Maut auf
       Lkw ab 3,5 Tonnen. Nicht mehr aktuell ist die ursprünglich versprochene
       ökologische Konsumenteninformation über die Klimabilanz auf Warenetiketten.
       Auch steht das Projekt einer Innenstadtmaut für die Großstädte nicht mehr
       auf der Tagesordnung. Vergeblich sucht man die großen Weichenstellungen,
       mit denen der Verkehr von der Straße auf umweltfreundlichere Schienen oder
       Kanäle geleitet würde.
       
       Den ökologischen Ambitionen müssen nun diverse Maßnahmen genügen wie die
       obligatorische Angabe von Nanopartikeln in Verbrauchsartikeln oder das
       Verbot der Mobiltelefone in Kindergärten und Schulen. Für Sarkozy und seine
       Regierung stehen inzwischen andere Probleme als etwa der Klimawandel oder
       die bedrohte Biodiversität im Vordergrund. In seinen eigenen Reihen und der
       Wählerschaft macht sich Skepsis oder offene Feindseligkeit gegen die wenig
       grünen Grenelle-Ziele breit. Auf der Pariser Landwirtschaftsmesse meinte er
       bezüglich der Umweltvorschriften zu Bauern: "Langsam reichts!"
       
       Frustriert von dieser Wende sind die Umweltschützer, die Sarkozy vor drei
       Jahren geglaubt hatten. Selbst die linke Opposition von Sozialisten, Grünen
       und Kommunisten hatten das erste, damals einstimmig verabschiedete
       Gesetzespaket unterstützt.
       
       Nur dank massiver Proteste in und vor dem Parlament wurde eine Bestimmung
       aus dem Gesetz gekippt, die der Entwicklung der Windenergie nach Ansicht
       des betroffenen Sektors einen Todesstoß versetzt hätte. Ursprünglich wollte
       die Regierung neue Windkraftanlagen auf weniger als 15 Megawatt begrenzen.
       Das wurde gestrichen. Eingebaut wird aber eine bürokratische Hürde. Denn
       künftig müssen Windkraftanlagen als Industrieanlagen, die Risiken für die
       Umwelt darstellten, genehmigt werden. Dies erschwert den Prozess erheblich.
       Bis zum Jahr 2020 wollte Frankreich eigentlich 23 Prozent seiner
       Elektrizität aus erneuerbaren Energien beziehen. Dieses Ziel ist mit
       derartigen Rückschritten schwer erreichbar.
       
       11 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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