# taz.de -- Konservativ gegen Grün in Kolumbien: Mann der Prinzipien
       
       > Der Grüne Antanas Mockus könnte die Präsidentschaftswahl in Kolumbien
       > gewinnen – mithilfe des Netzes. Das politische Panorama Kolumbiens steht
       > vor einer Wende.
       
 (IMG) Bild: Antanas Mockus bei einer Runde der Präsidentschaftskandidaten in Medellin.
       
       Es ist der spannendste Wahlkampf seit Jahren: Knapp zwei Wochen vor der
       ersten Runde der kolumbianischen Präsidentschaftswahl am 30. Mai läuft
       alles auf ein Duell zwischen dem Grünen Antanas Mockus und Juan Manuel
       Santos hinaus, dem Kandidaten des konservativen Establishments. Vor 14
       Tagen lag Mockus in den Umfragen vorne, doch nun hat Santos, einst
       Verteidigungsminister unter Álvaro Uribe, wieder gleichgezogen.
       
       Beide Politiker liegen bei rund 35 Prozent, was eine Stichwahl am 20. Juni
       wahrscheinlich macht - und hier sehen sämtliche Umfrageinstitute Bogotás
       Exbürgermeister Mockus in Front. Das bedeutet eine radikale Umwälzung des
       politischen Panoramas im Vergleich zu Februar, als die meisten Beobachter
       dem rechten Amtsinhaber Uribe eine dritte Amtszeit prophezeiten. Doch dann
       blockierte das Verfassungsgericht dessen Kandidatur.
       
       Kronprinz Santos hat Probleme, die konservative Wählerschaft geschlossen
       hinter sich zu scharen. Und "wenigstens das halbe Land", schreibt eine
       Kolumnistin, habe genug von der mafiösen, korrupten Politik der Uribe-Ära.
       
       Mockus Konzept der "demokratischen Legalität" spricht vor allem Jung- und
       bisherige NichtwählerInnen an. Alles deutet auf eine Wahlbeteiligung in
       Rekordhöhe hin, Facebook und Twitter sind fest in grüner Hand.
       
       Der Schutz des Lebens müsse das oberste Ziel staatlicher Politik sein,
       betont Mockus: "Das Leben ist heilig, jedes menschliche Leben ist
       unwiederholbar, jedes menschliche Wesen ist unersetzlich." Immer wieder
       verurteilt er die "falschen Positivmeldungen", das sind die über 2.000
       Morde an Zivilisten, die anschließend von der Armee zu toten Guerilleros
       erklärt wurden.
       
       Zu den Traditionsparteien hält Mockus ebenso Distanz wie zum linken
       "Alternativen Demokratischen Pol", selbst für die Stichwahl schließt er ein
       Mitte-Links-Bündnis aus. Das Thema soziale Gerechtigkeit überlässt er dem
       "Polo"-Kandidaten Gustavo Petro, der aber nur bei 5 Prozent liegt.
       
       Das grüne Spitzenteam besteht aus den ebenfalls als erfolgreich und sauber
       geltenden Exbürgermeistern Enrique Peñalosa und Lucho Garzón, die in Bogotá
       an Mockus Erfolgsrezept der "Bürgerkultur" angeknüpft hatten. Hinzu kommt
       der unabhängige Mathematiker Sergio Fajardo als Vizekandidat, der Ähnliches
       in Medellín umgesetzt hat.
       
       Doch Juan Manuel Santos, der unter den letzten drei Präsidenten als
       Minister amtierte, ist noch lange nicht geschlagen. Die Lähmung des rechten
       Lagers durch die "grüne Welle" der vergangenen Wochen ist vorbei. Und ein
       Themenwechsel ist leicht denkbar: Der Krieg spielt bisher kaum eine Rolle -
       eine einzige spektakuläre Gewaltaktion könnte das schlagartig ändern.
       
       Bei der urbanen Mittelschicht und auch bei den tonangebenden Kolumnisten
       hat der Sprössling der mächtigen Verleger- und Politikersippe Santos einen
       schweren Stand. Doch viele Armenviertel und ländliche Gebiete sind fest im
       Griff seiner Partei oder rechter Regierungsfunktionäre. Schon bei der
       Parlamentswahl im März stellten Wahlbeobachter viele Fälle von Stimmenkauf
       fest. "Man hat uns gesagt, wenn wir Santos nicht wählen, werden uns die
       Nahrungszuschüsse für unsere Kinder gestrichen", berichtet eine Frau in
       einem Elendsviertel der Kleinstadt Granada südöstlich von Bogotá.
       
       Santos sei ein "Mann der Strategien", Mockus stehe für "Prinzipien", sagt
       der Politologe Hernando Gómez Buendía, bei der Wahl mit voraussichtlich
       knappem Ausgang gehe es auch um die "großen legalen und illegalen"
       Interessen in Kolumbien. Seine Prognose: "Dieser Wahlkampf wird von Tag zu
       Tag härter und bitterer."
       
       14 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerhard Dilger
       
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