# taz.de -- Untersuchung von Stiftung Warentest: Tester halten Bio nicht für gesünder
       
       > Laut Stiftung Warentest sind Biolebensmittel genauso gesund und
       > schmackhaft wie herkömmliche. Allerdings enthielten sie weniger
       > Pestizide.
       
 (IMG) Bild: In 75 Prozent des seit 2002 getesteten Bioobsts, -gemüses und -tees waren überhaupt keine Pestizide nachweisbar. Nur 16 Prozent der herkömmlichen Produkte waren so sauber.
       
       BERLIN taz | Biolebensmittel sind im Schnitt laut Stiftung Warentest nur
       genauso gesund und schmackhaft wie herkömmliche Produkte. Allerdings
       enthalte ökologisch erzeugte Ware weit weniger Pestizide, heißt es in der
       neuen Ausgabe der Zeitschrift Test, die am Freitag erscheint. Dieser
       Vorteil reichte aber nicht für eine bessere Gesamtnote. Umweltfaktoren
       flossen in das Urteil nicht ein.
       
       Die Stiftung Warentest genießt einen besonders guten Ruf, weil sie anders
       als ihr Konkurrent Öko-Test auf Werbeeinnahmen etwa von Produktherstellern
       verzichtet. Dafür erhält sie 16 Prozent ihres Etats von der
       Bundesregierung. Die neue Analyse über Bioprodukte ist sehr umfassend, weil
       sie alle 85 Lebensmitteltests der Stiftung aus den vergangenen acht Jahren
       bilanziert. Deswegen könnte sie die Kaufentscheidung vieler Verbraucher für
       oder gegen die im Mittel 30 bis 50 Prozent teurere Ökoware beeinflussen.
       
       Seit Januar 2002 vergaben die Tester die Note "sehr gut" an jeweils ein
       Prozent von 1.256 untersuchten Bio- und konventionellen Lebensmitteln. Ein
       "gut" kassierten 44 Prozent der herkömmlichen, während die ökologischen nur
       auf 40 Prozent kamen. Bei "befriedigend" lagen sie mit jeweils 28 Prozent
       gleichauf. Den Bios schlug ein Test von Babymenüs ins Kontor: Alle 13
       untersuchten Ökoprodukte enthielten demnach zu wenig Vitamin C und Fett.
       Und bei einem Rapsöl-Test hätten sieben von neun Bioprodukten
       holzig-strohig, stichig-modrig oder ranzig gerochen. Urteil: "mangelhaft".
       
       Dass Biolebensmittel mehr sekundäre Pflanzenstoffe enthielten, denen eine
       gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt wird, ließen die Tester nicht
       gelten. Mit diesen Stoffen verteidigen sich Pflanzen auf natürliche Art.
       Die Mengen seien so gering, dass sie nicht für gesundheitliche Vorteile
       reichten, schreibt Test. "Wir haben sie daher nicht bewertet."
       
       Anders als die Belastung mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln.
       In 75 Prozent des seit 2002 getesteten Bioobsts, -gemüses und -tees waren
       überhaupt keine Pestizide nachweisbar. Nur 16 Prozent der herkömmlichen
       Produkte waren so sauber.
       
       Zudem bescheinigten die Tester der Biobranche, dass sie ihre soziale und
       ökologische Verantwortung besser wahrnehme. So hätten die drei untersuchten
       Produzenten von Ökoschinken ihre ganze Herstellungskette gekannt. "Das war
       aber nur bei einem der 18 konventionellen Schinkenbetriebe der Fall." Diese
       Untersuchungsergebnisse spielten jedoch keine Rolle in der Gesamtbewertung,
       sagte Test-Redakteurin Ina Bockholt der taz. Dazu habe die Stiftung noch zu
       wenige Untersuchungen dieser Art erstellt. "Sie sind sehr aufwendig",
       erläuterte Bockholt. Das gelte auch etwa für Klimabilanzen einzelner
       Produkte.
       
       Das ärgert nicht nur den Dachverband der Biobranche, BÖLW, sondern auch
       Greenpeace. "Die Umweltauswirkungen müssen in die Gesamtnote einfließen",
       forderte Martin Hofstetter, Agrarexperte der Umweltorganisation. Biobauern
       belasteten das Wasser weniger mit dem gesundheitsgefährdenden Nitrat,
       verursachten weniger Emissionen des Klimakillers Lachgas und sorgten für
       mehr Artenvielfalt auf dem Acker. "Das sind gigantische Vorteile des
       Ökolandbaus, und die fehlen hier völlig."
       
       Hofstetters Fazit: „Wenn nun rüberkommt, Bio ist nicht besser, dann ist das
       fatal für die Umwelt.“
       
       28 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bericht des Pestizid-Aktionsnetzwerks: Ackergiften schutzlos ausgesetzt
       
       Keine Ahnung, keine Schutzkleidung: In Afrika, Asien und Lateinamerika
       leiden Landarbeiter und Anwohner von Feldern oft an Vergiftungssymptomen,
       sagt das Pestizid-Aktionsnetzwerk.
       
 (DIR) Greenpeace entlarvt Supermärkte: Gen-Soja in Schokoriegeln
       
       Gentech-Soja gelangt offenbar unbemerkt in deutsche Supermärkte: Greenpeace
       fand große Anteile in Schokoriegeln. Einer davon soll nun aus dem Handel
       genommen werden.
       
 (DIR) Autorin über Selbstversuch: "100 Prozent Bio trotz Hartz IV"
       
       Die Autorin Rosa Wolff schildert in ihrem Buch "Arm aber Bio!", wie sie
       einen Monat lang nur 4,50 Euro täglich für Lebensmittel ausgab - und
       trotzdem komplett Öko aß.
       
 (DIR) Hühner und Eier: Dioxinfutter auch in konventionellen Höfen
       
       Der Dioxinskandal in der Geflügelbranche weitet sich aus. Neben
       Biobetrieben ist das belastete Futter auch an 20 konventionelle Betriebe
       ausgeliefert worden.
       
 (DIR) Kommentar Dioxin in Öko-Eiern: Bio bleibt besser
       
       Hat es jetzt keinen Sinn mehr, sich für Bioprodukte zu entscheiden? Doch.
       In der Vergangenheit gab es immer wieder Dioxinskandale - dass es nun
       Bioeier getroffen hat, ist Zufall.