# taz.de -- Urteil im Tauss-Prozess: Immerhin nicht pädophil
> Jörg Tauss ist zu 15 Monaten Bewährung verurteilt worden: Der frühere
> SPD-Abgeordnete besaß kinderpornografische Bilder und Videos. Aus
> beruflichen Gründen, sagt er.
(IMG) Bild: Haftstrafe auf Bewährung: Jörg Tauss muss vorerst nicht ins Gefängnis, gilt aber künftig als vorbestraft.
KARLSRUHE taz | Der Ex-Abgeordnete Jörg Tauss kam mit einem blauen Auge
davon. Das Landgericht Karlsruhe verurteilte ihn am Freitag zwar wegen
Besitz und Weitergabe von Kinderpornografie zu einer Bewährungsstrafe von
einem Jahr und drei Monaten. Allerdings stufte ihn das Gericht nicht als
Pädophilen ein. Eine weitere politische Karriere bleibt für den ehemaligen
SPD-Mann, der jetzt zur Piratenpartei gehört, also möglich.
Vor rund einem Jahr fand die Polizei auf dem Dienst-Handy von Tauss und auf
drei DVDs in seinem Bücherschrank mehr als 200 Bild- und Videodateien mit
Kinderpornografie. Nach einigen Tagen erklärte Tauss, er habe als
medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der Kinderporno-Szene
recherchiert, um Vertriebswege zu überprüfen. Außerdem habe er versucht,
einen Kinderporno-Ring zu überführen. Tauss berief sich auf eine
Vorschrift, die den Besitz von Kinderpornografie zur Erfüllung "beruflicher
Pflichten" erlaubt.
Das Landgericht stellt nun fest, dass die Ausnahmeklausel zwar für
Jugendschützer und Polizisten gelte, aber nicht für Abgeordnete. Diese
hätten kein Recht, zu Recherchezwecken Gesetze zu brechen, sondern müssten
sich von der Bundesregierung informieren lassen. "Ein Abgeordneter darf
sich auch nicht am Bahnhof einen Revolver besorgen, um zu beweisen, wie
leicht so etwas ist", sagte der Vorsitzende Richter Udo Scholl.
Das Gericht nahm Tauss seine Geschichte mit der dienstlichen Recherche aber
auch gar nicht ab. Schließlich habe sich Tauss keine Notizen gemacht und
seine gewonnenen Insider-Kenntnisse nicht in den einschlägigen Debatten
eingesetzt. "Sie haben aus privaten Gründen recherchiert", sagte Richter
Udo Scholl. Das Gericht habe allerdings nicht feststellen können, dass
Tauss sich die Dateien zur sexuellen Erregung besorgt hat. Es könne auch
sein, dass Tauss "schlicht aus Neugier" gehandelt habe - eine salomonische
Begründung.
Tauss darf sich nun zwei Jahre lang nichts zuschulden kommen lassen, sonst
muss er doch ins Gefängnis. Auf eine Geldstrafe und eine Bewährungsauflage
verzichtete das Gericht, der Ex-Abgeordnete sei mit dem öffentlichen Rummel
bereits genug bestraft.
Dabei nahm Richter Scholl aber die Karlsruher Staatsanwälte ausdrücklich in
Schutz. "Es gibt keine Anzeichen, dass die Staatsanwaltschaft die Presse
von der anstehenden Durchsuchung unterrichtet hat." Er wies auch den von
der Verteidigung erhobenen Vorwurf der "sozialen Exekution" zurück.
Tauss, der einen Freispruch gefordert hatte, war mit dem Urteil
unzufrieden. Er ließ aber offen, ob er gegen die Entscheidung Revision beim
Bundesgerichtshof einlegen wird. "Ich gehe jetzt eine Woche Fahrrad fahren
und überlege mir das."
28 May 2010
## AUTOREN
(DIR) Christian Rath
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