# taz.de -- Kommentar: Stolz allein hilft nicht weiter
> Dass die ersten Worte der Annäherung an Gauck aus dem Berliner
> Landesverband kommen, ist kaum überraschend. Wo, wenn nicht hier, sollte
> dazu der nötige Pragmatismus vorhanden sein?
(IMG) Bild: Joachim Gauck unterhält sich am Mittwoch im Abgeordnetenhaus mit dem Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann.
Die Linkspartei scheint auf den vorletzten Drücker noch mitbekommen zu
haben, welche Chance sie dabei war zu verpassen. Aus verletztem Stolz oder
alten Animositäten den rot-grünen Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck
bis zuletzt nicht zu unterstützen - besser hätte sie nicht zeigen können,
warum die anderen Parteien auf Bundesebene bislang nichts mit ihr zu tun
haben wollen. Wer dort irgendwann mal mitregieren will, der muss auch
Kompromisse machen können.
Dass die ersten Worte der Annäherung dazu aus dem Berliner Landesverband
kommen, ist kaum überraschend. Wo, wenn nicht hier, sollte dazu der nötige
Pragmatismus vorhanden sein? In der rot-roten Koalition hat die Linkspartei
in den vergangenen achteinhalb Jahren mehrfach Kröten geschluckt, ohne
deshalb das Bündnis aufzukündigen oder einen Riesenstreit vom Zaun zu
brechen.
Als etwa die SPD Ende 2008 im Bundesrat gegen eine klare
Koalitionsabsprache der Erbschaftssteuerreform zustimmte, konnte
Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi tags darauf bei einem Parteitag noch so
sehr wüten und zetern - seine Berliner Genossen brachte das nicht dazu, der
SPD offen mit dem Ende der Koalition zu drohen.
Solches Verhalten kann man handzahm nennen oder mit dem Bild von Koch und
Kellner belegen. Man kann da von fehlendem Rückgrat sprechen. Doch für die
Linkspartei hat es sich seither mehrfach gezeigt, dass es sich lohnt, in
Verantwortung zu bleiben. Miet- und Wohnungspolitik, Vorstöße zur
Rekommunalisierung, all das hätte die Partei ansonsten wirkungslos aus der
Opposition vorbringen müssen. So schön ein gerader Rücken auch ist -
Politik ist letztlich kein Kieser-Training
16 Jun 2010
## AUTOREN
(DIR) Stefan Alberti
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