# taz.de -- Innenverteidiger Arne Friedrich: "Ich renne nicht wie ein Wilder"
       
       > Keiner ist so krisenerprobt wie Arne Friedrich. Die Rolle des Buhmanns
       > kennt der Verteidiger von Hertha BSC gut. Dennoch spielt er stets - auch
       > am Freitag gegen Serbien.
       
 (IMG) Bild: Arne Friedrich: "Ich habe mich daran gewöhnt, dass man mich unterschätzt."
       
       ERASMIA taz | Es war eine fürchterliche Saison. Mit jedem Gegentor, das
       Hertha BSC Berlin kassierte, schienen Arne Friedrichs WM-Chancen zu
       schwinden. Friedrich stemmte sich gegen den Niedergang, aber es erging ihm
       wie Sisyphos: Kaum dass er den Stein hinaufgerollt hatte, war er auch schon
       wieder unten. Er versuchte es auf verschiedenen Positionen. Einmal wurde er
       in der Innenverteidigung eingesetzt, ein andermal als Außenverteidiger,
       aber wo er auch spielte, mit der Hertha ließ sich kein Blumentopf gewinnen.
       
       Nach den schwachen Spielen musste der Kapitän auch noch die immer gleichen
       Durchhalteparolen aufsagen: Es werde bald besser, er habe Hoffnung, noch
       sei nichts verloren. Friedrich wurde zum Botschafter des Berliner
       Versagens.
       
       "Hertha ist jetzt erst mal abgehakt", sagt Arne Friedrich, 31, im
       DFB-Teamquartier in Erasmia nahe Pretoria. Er ist raus aus dem
       Kummerkasten, endlich angekommen in einer Mannschaft, mit der er gewinnen
       kann. Und wie. Das Team von Bundestrainer Joachim Löw will am Freitag gegen
       Serbien ähnlich offensiv und kombinationsstark spielen wie beim 4:0 gegen
       Australien. Arne Friedrich wird dann wieder in der Innenverteidigung
       stehen, neben Per Mertesacker. Dass Friedrich in den Planungen von Löw eine
       so zentrale Rolle spielt, ist für viele überraschend gekommen, denn
       Friedrich schien mit dem Makel des Abstiegs behaftet.
       
       "Ich habe mich daran gewöhnt, dass man mich unterschätzt", sagt Friedrich,
       "das war eigentlich immer schon so. Dass ich nicht hoch gehandelt werde,
       ist für mich fast schon Alltag." Auch er selbst habe anfangs seine Chancen
       auf einen Einsatz in der Startelf "nicht so gut gesehen", doch Löw setzt
       auf ihn im Abwehrzentrum. Er wollte einen erfahrenen, soliden Mann.
       Außerdem ist Friedrich, der als Außenverteidiger angefangen hat, jetzt viel
       besser im Abwehrzentrum zu gebrauchen. "Ich fühle mich wohler in der
       Innenverteidigung", sagt er, "ich bin ja kein Spieler wie Philipp Lahm, der
       die Linie hoch- und runterrennt wie ein Wilder."
       
       Nein, Friedrich hat sich immer schwergetan, Impulse nach vorn zu geben.
       Geradezu überfordert schien er bei der WM 2006 auf der Außenposition zu
       sein. Ihm wurden die zwei Gegentore gegen Costa Rica angelastet, Friedrich
       wurde zum Buhmann für den Boulevard. Er galt als hölzern und
       offensivschwach. Er schien auf den sprichwörtlichen Rumpelfüßen zu stehen
       und zum Problemfall für den damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann zu
       werden. Doch Friedrich spielte weiter, gar nicht mal so schlecht.
       
       Es war eine beachtliche psychische Leistung, sich aus dieser misslichen
       Lage zu befreien. Er hat damals gelernt, mit Krisen umzugehen. Ihn stört es
       auch nicht, im DFB-Team der jungen Dribbelkünstler und Seidenfüße als eher
       rustikaler Typ zu gelten. "Solche braucht man auch", sagt er. Er genießt
       wie seine Abwehrkollegen Lahm, Mertesacker und Holger Badstuber "das
       Wohlfühlklima im Team", wie es Mertesacker formuliert. "Außerdem sind wir
       in der Mischung von Jung und Alt, Technikern und unsereinen weniger gut für
       den Gegner auszurechnen als vorher. Und manch einer mag zwar gesagt haben,
       dass wir weniger Struktur haben, aber das kann ja auch ein Vorteil sein."
       
       Arne Friedrich, der beim FC Bad Oeynhausen seine Karriere als Kicker begann
       und kein einziges Mal in einer DFB-Jugendauswahl stand, hat schon einiges
       erlebt im Trikot des Nationalteams, immerhin ist er seit 2002 dabei. Jetzt
       schätzt er den "großen Zusammenhalt in der Mannschaft, in der es "keine
       großen Abstufungen" gebe. Flache Hierarchien dominieren.
       
       Das kommt Arne Friedrich entgegen, "denn es ist wichtig für eine
       Mannschaft, über den Teamgeist zum Erfolg zu kommen". Er hätte nichts
       dagegen, bei dieser WM sieben Spiele, das Maximum, zu absolvieren und
       endlich zum Botschafter des Erfolgs zu werden. "Nach so einer
       Bundesliga-Saison könnte ich das gut gebrauchen", sagt er.
       
       17 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
       ## TAGS
       
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