# taz.de -- Chaos beim französischen WM-Team: Krisentreffen mit den Erbärmlichen
       
       > Französische Politiker halten den Trainingsstreik der WM-Mannschaft für
       > "erbärmlich". Präsident Sarkozy befiehlt deshalb ein Krisentreffen von
       > Sportministerin Bachelot und Team-Kapitän Evra.
       
 (IMG) Bild: Bestürzung um die französische Mannschaft: Kapitän Evra nach dem Abschied von Stürmer Anelka.
       
       PARIS dpa | Der französische Fußball erlebt eine der schwersten Krisen
       seiner Geschichte. Nach dem Rauswurf von Stürmer Anelkas und der Meuterei
       der Spieler gegen den Verband und Trainer Raymond Domenech fordern selbst
       Politiker schonungslose Aufklärung und Konsequenzen. "So etwas habe ich
       noch nicht erlebt. Das ist erbärmlich und dramatisch", schimpfte der
       ehemalige Sportminister und Parlamentsabgeordnete Jean-François Lamour.
       "Diese französische Mannschaft bereitet uns eine echte Schande" oder "Die
       Bleus versinken in der Lächerlichkeit" lauteten am Montag andere bitterböse
       Kommentare.
       
       Sportministerin Roselyn Bachelot soll dem Chaos jetzt ein Ende setzen. Die
       Politikerin verlängerte auf Anordnung von Präsident Nicolas Sarkozy ihren
       Aufenthalt in Südafrika und berief ein "Krisentreffen" mit dem
       französischen Team-Kapitän Patrice Evra, Domenech und dem Präsidenten des
       Nationalverbands FFF, Jean-Pierre Escalettes ein. Wegen der "Empörung der
       Franzosen" mit ihrer Elf, sagte Bachelot dem Fernsehsender "TF1" rufe sie
       alle Delegationsangehörigen zur "Verantwortung und zur Wahrung der Würde"
       auf.
       
       In der Heimat herrschen Fassungslosigkeit und Entsetzen. Das Fiasko im
       tausende Kilometer entfernten Südafrika dominierte am Montag sämtliche
       Titelseiten. Selbst die Politik mischt sich sein. Von "grauenvoll"
       (Außenminister Bernard Kouchner) bis "erbärmlich" (Arbeitsminister Eric
       Woerth) reichen die Kommentare. "Das ist inakzeptabel", klagte Frankreichs
       Präsident Nicolas Sarkozy bereits am Wochenende über die Anelka-Affäre.
       
       Ausgangspunkt der neuen beispiellosen Krise bei den Franzosen war der miese
       Vorrundenstart. Nach einem mageren 0:0 gegen Uruguay und der Niederlage
       gegen Mexiko steht Frankreich in der Gruppe A vor dem Vorrunden-Aus.
       Anschließend musste Stürmer Nicolas Anelka vorzeitig nach Hause fahren,
       weil er Domenech beleidigt haben soll. Das Team um Franck Ribéry trat
       daraufhin aus Solidarität in den Streik. Kein Training, hieß es am Sonntag.
       Ein handfester Streit zwischen Evra und Konditionstrainer Robert Duverne
       sowie der Rücktritt von Delegationschef Jean-Louis Valentin machten das
       Chaos komplett.
       
       Unterstützung bekommt die Mannschaft nicht einmal mehr von der
       Fußballgemeinschaft. "Das alles lässt glauben, dass sie verrückt geworden
       sind und dass sie sich nicht der Konsequenzen und der Schäden bewusst sind,
       die ihre Entscheidung anrichtet und auch nichts des Bildes, das sie vom
       französischen Fußball vermitteln, nach Frankreich und ins Ausland", sagte
       Ex-Nationalspieler Bixente Lizarazu am Montag zur Meuterei.
       
       Der französische Philosoph Alain Finkielkraut forderte sogar eine Aufgabe
       der "Bleus" bei der WM. "Diese Spieler sind nicht nur unausstehlich, sie
       sind grotesk. Eine Bande von elf kleinen Rowdies ist keine Mannschaft und
       das ist sicher keine Mannschaft, die uns repräsentiert", wetterte der
       Autor.
       
       Die Wogen ein wenig glätten könnte wohl nur ein glanzvoller Sieg der
       Franzosen im letzten Vorrundenspiel an diesem Dienstag. Doch auch Gegner
       Südafrika will dort mit einem Wunder noch das Achtelfinale erreichen.
       
       21 Jun 2010
       
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