# taz.de -- Nach Angriff auf die Gaza-Flottille: Israel und Türkei reden wieder
       
       > Israel und die Türkei reden wieder, das Gespräch kam auf Druck
       > Washingtons zustande. Außenminister Lieberman ist verärgert, denn er
       > wurde übergangen.
       
 (IMG) Bild: Wütende Proteste in der Türkei nach dem Angriff auf die Flottille (31.5.2010).
       
       Israels Außenminister Avigdor Lieberman ist gekränkt. Mit gutem Grund, denn
       die erste Kontaktaufnahme zwischen Jerusalem und Ankara nach dem Angriff
       auf die Gaza-Flottille am 31. Mai fand ohne sein Wissen statt. Nicht
       Lieberman, sondern der sozialdemokratische Industrie- und Handelsminister
       Benjamin Ben Eliesar traf mit dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu
       zusammen, um die jüngste Krise beizulegen. Ankara hatte den Botschafter aus
       Tel Aviv abgezogen, nachdem neun türkische Aktivisten, die sich auf dem Weg
       zum Gazastreifen befanden, von der israelischen Marine abgefangen und bei
       gewaltsamen Auseinandersetzungen getötet worden waren.
       
       Ben Eliesar ist bekannt für seine guten Beziehungen zur Türkei. Beide
       Staaten unterhielten in der Vergangenheit enge militärische Verbindungen.
       Der israelische Handelsminister appellierte diese Woche an die Israelis,
       keine türkischen Produkte zu boykottieren. Das Außenministerium warnte
       zudem vor Reisen in die Türkei.
       
       Das Treffen zwischen Ben Eliesar und Davutoglu kam auf Drängen des Weißen
       Hauses zustande. US-Präsident Barack Obama hatte seine Sorge über die
       Anspannung zwischen Ankara und Jerusalem zum Ausdruck gebracht. Die
       türkische Führung machte eine erneute Entsendung des Botschafters von einer
       offiziellen Entschuldigung Israels für den Tod der neun Aktivisten abhängig
       und von der Zahlung einer Wiedergutmachung an die betroffenen Familien. Die
       letzte Strafmaßnahme Ankaras war die Sperrung des türkischen Luftraums für
       israelische Militärflugzeuge.
       
       Dass das Treffen auf Ministerebene ohne Absprache mit dem Außenministerium
       stattfand, nannte Lieberman eine "schwere Regelverletzung, die das
       Verhältnis zwischen Premierminister und Außenminister belasten" werde. Er
       forderte eine Aufklärung der Angelegenheit. Dass "technische Gründe" zu dem
       "Versehen" führten, Lieberman nicht zu informieren, wie aus dem Büro von
       Premierminister Benjamin Netanjahu verlautete, wollte man im
       Außenministerium nicht glauben. Dem Affront zum Trotz kommt ein Rücktritt
       aus der Regierung für Lieberman nicht infrage.
       
       "Niemand hat mir einen Rosengarten versprochen", kommentierte er am
       Donnerstag. Wer hoffte, die liberalere Kadima werde anstelle von Liebermans
       ultranationaler Israel Beteinu in die Koalition wechseln, muss sich weiter
       in Geduld üben. Dabei fährt Lieberman offen einen immer härteren Kurs. Es
       habe "keinen Sinn, überhaupt mit [Palästinenserpräsident] Mahmud Abbas zu
       verhandeln", sagte er. Offiziell verfolgt die Regierung einen schnellen
       Beginn direkter Verhandlungen.
       
       Wenn Lieberman nicht freiwillig geht, dann könnte er wegen des Verdachts
       der Korruption, des Betrugs und der Geldwäsche zum Rücktritt gezwungen
       werden. Berichten der liberalen Haaretz zufolge verdichtet sich die
       Beweislage gegen den Außenminister. Ein Rechtsverfahren gegen den
       Außenminister wird damit wahrscheinlicher.
       
       1 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA