# taz.de -- Kommentar Präsidenten-Wahl: Der Rot-Grün-Test
       
       > Es ging bei der Operation Gauck nicht darum, ein linkes Bündnis zu
       > schmieden, sondern im Gegenteil nach neuen Bündnissen mit dem
       > bürgerlichen Lager zu suchen. Das ist gelungen.
       
       Warum nur haben SPD und Grüne sie nicht eingebunden und keinen
       Kompromisskandidaten für das Präsidentenamt gefunden, greinen Vertreter der
       Linken. Warum nur sind die Linken nicht in der Lage, die Chance zu
       ergreifen, der angeschlagenen Bundesregierung mit der Wahl von Joachim
       Gauck den Todeskuss zu versetzen, erregen sich SPD-Rote und Grüne.
       
       Beide Darstellungen beruhen auf einem grundsätzlichen Missverständnis.
       Selbstverständlich haben alle realistisch denkenden Rot-Grünen gewusst,
       dass die Linkspartei eben nicht über ihren Stasi-Schatten springen und
       Gauck wählen würde.
       
       Es ging bei der Operation Gauck nicht darum, ein linkes Bündnis zu
       schmieden, sondern im Gegenteil darum, nach neuen Bündnissen mit dem
       bürgerlichen Lager zu suchen. Und das ist angesichts der großen Zahl von
       schwarz-gelben Überläufern auch hervorragend gelungen. Dass die Linkspartei
       dabei freiwillig die Rolle der beleidigten Leberwurst übernahm, ist ein
       hübscher und gewollter Nebeneffekt.
       
       Es ist nun so: Die Liste der Optionen für künftige Bündnisse ist für die
       Linke deprimierend kurz. Eine Koalition ist nur mit Rot-Grün denkbar. Wenn
       die nicht wollen, bleibt man auf ewig Opposition. Ob die Linke überhaupt
       will, scheint nicht ganz geklärt, was eine solche Kooperation für Rot-Grün
       nicht eben attraktiver macht.
       
       SPD und Grüne dagegen verfügen über erfreulich viele Möglichkeiten: Sie
       könnten gemeinsam mit einer reformierten FDP, und SPD und Grüne könnten
       jeweils getrennt mit den Schwarzen koalieren.
       
       Und schließlich legen jüngste Umfragewerte eine längst abgelegte Variante
       nahe, ist doch erstmals seit Jahren wieder eine Mehrheit für SPD und Grüne
       denkbar. Rot-Grün! Gründe genug also, diese Optionen einmal einem
       unverbindlichen Testlauf zu unterziehen.
       
       Das rot-rot-grüne "Projekt" mag manchem aus inhaltlichen Gründen
       wünschenswert erscheinen. Wahrscheinlicher wird es deshalb nicht. Es könnte
       sich vielmehr zu einer interessanten Angelegenheit für immerwährende
       Theoriezirkel entwickeln.
       
       3 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wulff als Bundespräsident vereidigt: Der nette Konsenspräsident
       
       Beim Eid verhaspelt, aber "dankbar": Am Freitag wurde Christian Wulff als
       Bundespräsident vereidigt. In seiner Antrittsrede forderte er Haftung für
       die Verursacher der Bankenkrise.
       
 (DIR) Hessens SPD-Chef Schäfer-Gümbel: "Die Linke hat eine Chance verpasst"
       
       Nach der Bundespräsidenten-Wahl kritisiert Hessens SPD-Chef Schäfer-Gümbel
       das Verhalten der Linkspartei. Doch SPD und Grüne seien wieder zusammen.
       
 (DIR) Rot-Grün-Rot: Der Krampf geht weiter
       
       Selten trat die Kluft zwischen SPD und Linkspartei so deutlich zu Tage wie
       am Mittwoch in der Bundesversammlung. Doch die Pragmatiker machen schon
       wieder gemeinsam Politik.