# taz.de -- Gegner in Hamburg vorn: Mit der Primarschule wird's knapp
       
       > Bei der Briefabstimmung zur sechsjährigen "Primarschule" in Hamburg
       > liegen die Gegner derzeit vorn. Das Blatt kann sich bis zur Urnenwahl am
       > 18. Juli noch wenden.
       
 (IMG) Bild: Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust mit Schülern Marten (li.) und Franka.
       
       370.000 Briefumschläge liegen beim Hamburger Wahlamt vor, und täglich
       trudeln weitere ein. Geöffnet werden sie erst am 18. Juli, dem Sonntag, an
       dem auch in den Wahllokalen die Volksabstimmung über die Primarschule
       durchgeführt wird. Die Sache wird ganz knapp.
       
       Nach einer Umfrage des Psephos-Instituts wollen 24 Prozent der Hamburger
       für die Reform stimmen und 25 Prozent dagegen. Gleichzeitig schmolz der
       Abstand zwischen beiden Lagern. Noch im April stand es bei einer Umfrage 25
       zu 30 Prozent. Insgesamt sind 1,24 Millionen Hamburger wahlberechtigt, von
       denen einige unentschlossen sind und ein Drittel nicht abstimmen will.
       
       Gewinnt die von Gymnasialeltern gegründete Volksinitiative "Wir wollen
       lernen" (Wwl) , scheitert das zentrale Projekt der schwarz-grünen
       Koalition. Nicht nur vier Jahre Grundschule, nicht gleich neun Jahre
       "Schule für alle", sondern sechs Jahre sollen Kinder gemeinsam lernen, so
       lautete der Kompromiss, mit dem Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust im
       Frühjahr 2008 die Elb-Grünen zur ersten schwarz-grünen Koalition im Bund
       überredete. Dies gekoppelt mit moderner Pädagogik und anspruchsvollem
       frühen Fachunterricht verbirgt sich hinter dem Stichwort "Primarschule",
       über die die Stadt streitet.
       
       Doch was passiert, wenn am 18. Juli dieses Projekt scheitert? Tritt der
       Bürgermeister zurück, bricht die Koaltion, gibt es Neuwahlen? Seit Wochen
       wird in den Medien über einen baldigen Rücktritt des Bürgermeisters
       spekuliert. Ole von Beust wies dies jetzt im Fernsehsender Hamburg 1 als
       "Gequatsche und Getratsche" zurück.
       
       Die Umfrage, die Psephos am 1. Juli im Auftrag von Welt, Bild und Sat.1
       durchführte, stärkt ihm den Rücken. Die Mehrheit der Hamburger ist gegen
       Neuwahlen und möchte "Ole" als Bürgermeister behalten. Was beachtlich ist,
       da von Beust persönlich für die Reform kämpft wie kaum ein anderer in
       seiner Partei.
       
       Wwl-Sprecher Walter Scheuerl freute sich gestern selbstbewusst über den
       "Vorsprung auf der Zielgeraden". Dass seine Initiative gewinnt, ist aber
       noch nicht ausgemacht. Sie muss mindestens 247.335 Jastimmen erreichen.
       Sind es weniger, nützt ihr auch eine Mehrheit nichts. Dafür sind annähernd
       500.000 Gesamtstimmen nötig, also noch mindestens 130.000 Stimmen in der
       nächsten Woche.
       
       Auch die Mehrheitsverhältnisse an sich könnten noch kippen. Insgesamt sagen
       62 Prozent der Hamburger, sie würden sich am Volksentscheid beteiligen, 28
       Prozent haben dies schon getan. Interessant: Unter jenen 34 Prozent, die
       dies noch planen, liegen die Reformbefürworter mit 41 Prozent zu 39 Prozent
       knapp vorn.
       
       "Viele, die gegen die Reform sind, haben früh abgestimmt. Ich glaube, wir
       können hier noch aufholen", sagt Jobst Fielder, der Sprecher der
       Pro-Initiative "Die Schulverbesserer". Er denkt sogar, dass sich die
       Stimmung seit Erhebung der Umfrage vor acht Tagen nochmals geändert hat.
       Fiedler: "Es ist de facto ein Kulturkampf geworden. Viele, die wir
       sprechen, haben ihre Position nochmals überdacht."
       
       Lautstark für die Primarschule geäußert haben sich nicht nur
       Kulturschaffende wie Marius Müller-Westernhagen, sondern auch ein
       Zusammenschluss von allen Hamburger Migranteninitiativen. Sie stehen vor
       einer kuriosen Lage: Ihre Kinder würden von der Reform profitieren, doch
       weil die meisten keinen deutschen Pass haben, zählt ihre Stimme nicht.
       
       10 Jul 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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