# taz.de -- Eva Herman über das Loveparade-Unglück: Gott straft die Sünder
       
       > Auf der Internetseite ihres Verlags veröffentlichte Eva Herman einen
       > Artikel, in dem sie das Unglück als Strafe für ausschweifendes Feiern
       > deutet.
       
 (IMG) Bild: Verführt? Oder einfach nur Freude am Leben? Jugendliche vor dem Unglück auf der Loveparade.
       
       BERLIN taz | Sie ließ sich Zeit. Erst einen Tag nach dem Unglück bei der
       Love Parade in Duisburg meldete sich Eva Herman zu [1][Wort], ehemalige
       Tagesschau-Sprecherin und inzwischen so etwas wie eine
       Staubsaugervertreterin für das gesunde Volksempfinden der Nachkriegszeit.
       Auf der Internetseite des Kopp-Verlages schreibt Herman, die Tode könnten
       eine Strafe Gottes für hemmungsloses Feiern sein: "Eventuell haben hier ja
       auch ganz andere Mächte mit eingegriffen, um dem schamlosen Treiben endlich
       ein Ende zu setzen. Was das angeht, kann man nur erleichtert aufatmen!"
       
       Bevor Herrmann erleichtert aufatmen kann, schimpft sie mit kaum verholener
       Wut und - man kann sich des Eindrucks kaum erwehren - zumindest etwas
       Schadenfreude über das Lotterleben der Jugend von heute. Und auf die
       moderne Zeit.
       
       Denn, so hat Eva Herman erkannt: "Dieses »friedliche Fest fröhlicher junger
       Menschen« ist in Wahrheit eine riesige Drogen-, Alkohol- und Sexorgie,
       geplant, genehmigt und zum Teil finanziert von der Stadt Duisburg und NRW."
       Im Fernsehen hat sie offenbar Bilder gesehen, welche blankes Entsetzen in
       der Ex-Journalistin hervorrufen. "Viele Mädchen haben den Busen blank
       gezogen, manche sind fast völlig nackt. Sie wiegen sich in ekstatischer
       Verzückung im ohrenbetäubenden Lärm, Begriffe wie Sittlichkeit oder Anstand
       haben sich in den abgrundtiefen Bassschlägen ins Nichts aufgelöst."
       
       Diesen Klageruf nach christlichen Werten kennt man von Herman schon aus
       früheren Wortbeiträgen. Neu ist, dass sie sich als Musikkritikerin betätigt
       und zwar als eine aus der ganz piefigen Großmutter-Ecke, in der vor allem
       eine rhetorische Frage gestellt wird: Ist das denn noch Musik? Die Antwort
       muss natürlich nein lauten.
       
       "Das ohrenbetäubende, stereotype Rave-Gehämmere, das nicht mehr im
       Geringsten etwas mit dem einstmaligen Begriff von Musik zu tun hat,
       zerschmettert ihnen über zahllose Stunden Trommelfelle und Nervenkostüme."
       Als Alternative bietet Herman tatsächlich an späterer Stelle den
       Musikantenstadl an und das ist dann so derart spießbürgerliches Klischee,
       dass man sich fragt, ob dieser Text von einem ihr böse gesonnenen Double
       auf die Seite geschmuggelt wurde.
       
       Eines macht der Autorin wahrlich zu schaffen. Trotz des "Gehämmeres" haben
       sich die Menschen ganz offenbar "freiwillig dazu entschieden, hierher zu
       kommen." Das ist schwer für eine Frau, die sich doch in der schweigenden
       Mehrheit verortet, einem Platz also, von dem aus all diejenigen, die
       Widerspruch üben, als zumindest bemitleidenswert, gerne aber auch als
       verdammniswürdig beschrieben werden können. Oder eben als solche, die den
       Tod verdient haben.
       
       Sie löst dieses Dilemma mit einem alten und recht unoriginellen Trick, der
       ihr sicherlich den Beifall ihrer Peer Group eintragen wird: Nicht die
       Jugendlichen selbst sind schuld. Vielmehr wurden sie verführt vom alten
       Lieblingsfeind, den 68ern. "Die unheilvollen Auswüchse der Jetztzeit sind,
       bei Licht betrachtet, vor allem das Ergebnis der Achtundsechziger, die die
       Gesellschaft »befreit« haben von allen Zwängen und Regeln, welche das
       »Individuum doch nur einengen«", schreibt Herman und fabuliert dann noch
       einmal über Nacktheit und kleidloses Tanzen. Fazit dann widerum: "Die
       Achtundsechziger haben ganze Arbeit geleistet!"
       
       Die leistet Eva Herman allerdings ebenfalls, denn sie geht auch noch dem
       Bundespräsidenten an den Kragen. Christian Wulff (CDU) hat ihrer Meinung
       nach wohl Mitschuld an all der Zügellosigkeit und der Strafe des Herrn,
       denn er hat dem dionysischen Treiben keinen Einhalt geboten. Schlimmer
       noch. Er lobte. "Das ist die Kehrseite der Medaille über die Loveparade,
       die laut dem neuen Bundespräsidenten Wulff ein »friedliches Fest
       fröhlicher, junger Menschen« sein sollte", schreibt Herman. Und: "Man fragt
       sich, welche Veranstaltung der Mann wirklich meint? Den Musikantenstadl
       vielleicht?"
       
       Der Bundespräsident und Gott. Darunter macht es Herman eben nicht.
       
       25 Jul 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/eva-herman/sex-und-drogenorgie-loveparade-zahlreiche-tote-bei-sodom-und-gomorrha-in-duisburg.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Schulz
       
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