# taz.de -- Kommentar Brände in Russland: Das System brennt durch
       
       > Wäre das russische Herrschaftssystem nicht so ineffektiv und
       > menschenverachtend, hätte sich das Ausmaß der Brände eindämmen lassen.
       > Nur die PR-Politik ist erfolgreich.
       
 (IMG) Bild: Gefangen im Smog.
       
       Moskaus Leichenschauhäuser sind bis unter die Decke gefüllt. Menschen
       sterben wie Fliegen. Straßenfluchten sind leer gefegt. Brautpaare geben
       sich den Hochzeitskuss hinter Atemschutzmasken. In Russlands Hauptstadt
       herrscht Ausnahmezustand.
       
       Hitze und Feuersbrünste haben das Leben aus der pulsierenden Metropole
       vertrieben. Und ein Ende des Grauens ist nicht abzusehen. Es kann noch
       Wochen so weitergehen. Die russische Bevölkerung leidet. Die große Masse
       bleibt jedoch still. Wie hat es nur so weit kommen können? Nur wenige
       stellen der Politik diese Frage.
       
       Klar ist, wäre das Herrschaftssystem nicht so himmelschreiend ineffektiv
       und zudem komplett verantwortungslos und menschenverachtend, Ausmaß und
       Auswirkungen der Naturkatastrophe hätten sich eindämmen lassen. Die
       Dimension der Brände offenbart indes, dass nicht - wie gewöhnlich - nur
       einzelne Bürokraten versagt haben. Das gesamte autoritär überzentralisierte
       System Putin erweist sich durch jedwedes Krisenmanagement überfordert, es
       brennt insgesamt schlicht durch. Buchstäblich.
       
       Medienwirksam setzen die gleichgeschalteten TV-Sender den angeblich
       unermüdlichen Einsatz von Präsident Medwedjew und von Premier Putin in
       Szene. Und die PR-Politik ist erfolgreich. Denn wo andere Gesellschaften
       aufbegehrten, verfällt die russische in Schweigen. Sie gibt sich damit
       zufrieden, dass wenigstens die beiden Oberhirten den Eindruck des
       Engagiertseins erwecken. Die breite Masse fürchtet, auch sie könnten alles
       hinschmeißen und damit Volk und Land den Flammen überlassen.
       
       Politische Alternativen existieren nicht. Das System Putin hat sie schon
       vor dem Großbrand gerodet. So wie es auch das Ökologieministerium auflöste
       und es dem Ministerium für Naturressourcen zuschlug. Für den Erhalt des
       Waldes war nun zuständig, wer ihn abholzt. Das Fehlen von Gewaltenteilung
       ist Russlands Problem.
       
       9 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Waldbrände in Russland: Moskau versinkt erneut im Gift-Smog
       
       Nachdem sich in den letzten Tagen die Situation in Moskau etwas entspannt
       hatte, drehte jetzt wieder der Wind. Die giftigen Dämpfe der Torfbrände
       haben die Stadt wieder eingehüllt.
       
 (DIR) Feuer in Russland: Brände auf radioaktivem Boden
       
       Die Flammen haben die Gebiete rund um Tschernobyl erreicht. Verstrahlte
       Partikel könnten bis nach Moskau und ins Baltikum fliegen – und eingeatmet
       werden.
       
 (DIR) Russische Brandkatastrophe: "Tod durch Hitzeschlag" amtlich verboten
       
       Neuer Hitzerekord und volle Leichenhäuser: Doch die russischen Politiker
       reagieren gelassen und teilnahmslos auf die Ereignisse. Die Bürger sind
       sich selbst überlassen.
       
 (DIR) Brände in Russland: Flammen bedrohen Atomzentrum
       
       Sieben Hektar Land bei der Atomanlage Sneschinsk brennen. Die Behörden
       behaupten, die Lage sei unter Kontrolle. Ein Minister warnt vor Feuer in
       verstrahlten Gebieten.
       
 (DIR) Waldbrände in Russland: Feuer gelöscht, Feuer entfacht
       
       Russische Behörden berichten von ersten gelöschten Bränden. Doch allein in
       den letzten 24 Stunden wurden 250 neue Feuer gezählt. Moskau ist weiter in
       dichte und giftige Dämpfe gehüllt.