# taz.de -- Kommentar Fachkräfte: Scheuklappen der Union
> Zuwanderung wird bei der Union weiterhin als Bedrohung angesehen - und
> nicht als positiver Beitrag zur Volkswirtschaft oder als
> gesellschaftliche Bereicherung.
Kaum springt die Konjunktur wieder an, fehlen der Wirtschaft die
Fachkräfte. Da wirkt es wie ein Rückfall in längst vergangene Zeiten, wenn
sich die zuständigen CDU-Ministerien mit Händen und Füßen gegen die
gezielte Anwerbung ausländischer Fachkräfte wehren - ein Weg, den viele
Experten empfehlen und der in anderen Ländern erfolgreich gegangen wird.
Unqualifizierte Jugendliche, Mütter, Ältere - sie alle wollen
Arbeitsministerin von der Leyen und Innenminister de Maizière für den
Arbeitsmarkt gewinnen. Nur die Einwanderung erleichtern, das wollen sie auf
keinen Fall.
Diese Reaktion offenbart, allen Fortschritten zum Trotz, wie tief die
Vorbehalte gegenüber MigrantInnen in der Union noch immer verankert sind.
Zuwanderung wird weiterhin als Bedrohung angesehen - und nicht als
positiver Beitrag zur Volkswirtschaft oder gar als gesellschaftliche
Bereicherung.
Diese Angst geht mit einer fundamentalen Fehleinschätzung einher - mit dem
Irrglauben, dass die Menschen in aller Welt nur darauf warten, nach
Deutschland umsiedeln zu können. Das Gegenteil ist der Fall: Für gut
ausgebildete Arbeitskräfte ist Deutschland schlicht nicht interessant. Die
bürokratischen Hürden sind hoch, die Sprache ist schwierig, das
gesellschaftliche Klima abweisend - und Freunde und Kolleginnen sind häufig
längst nach England, Kanada oder in die USA emigriert. Daran haben auch die
minimalen Verbesserungen nichts geändert, die die große Koalition vor zwei
Jahren auf den Weg gebracht hat.
Es ist an der Zeit, dass sich die Union diesen Realitäten stellt und mit
Hilfe eines modernen Einwanderungsrechts eine gesteuerte Einwanderung
möglich macht. Das ist mit Blick auf den demografischen Wandel und den
Fachkräftemangel dringend geboten. Die Grundzüge für ein solches
Einwanderungsrecht hat die CDU-Politikerin Rita Süssmuth mit ihrer
Kommission bereits 2001 formuliert, der Zuwanderungsrat hat sie wenig
später ergänzt: Beide plädierten für ein Punktesystem nach kanadischem
Vorbild, das Einwanderer nach einem bestimmten Kriterienkatalog bewertet
und auswählt.
Hinzukommen sollte ein arbeitsmarktbezogenes Engpassverfahren, das die
Einwanderung von Pflegekräften oder IT-Spezialisten erleichtert, wenn diese
gerade gebraucht werden. Das alles ist sinnvoll. Doch die CDU ist offenbar
noch immer nicht dazu bereit, hier über ihren ideologischen Schatten zu
springen.
24 Aug 2010
## AUTOREN
(DIR) Sabine am Orde
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