# taz.de -- Regierung dealt in Atom-Frage: Konzerne sollen für Ökostrom zahlen
       
       > Die Regierung hat den Atomkonzernen offenbar einen Deal vorgeschlagen:
       > Für Laufzeitverlängerungen sollen sie "freiwillig" in Ökostrom
       > investieren.
       
 (IMG) Bild: Will von den Atombossen Ökoenergie: Angela Merkel. Die anderen (v. links): Teyssen (E.on), Grossmann (RWE), Röttgen (CDU), Jaeger (RWE Power).
       
       BERLIN dpa | Die Bundesregierung verlangt von den Atomkonzernen laut einem
       Zeitungsbericht als Gegenleistung für längere AKW-Laufzeiten das
       Versprechen, in den Ökostrom-Ausbau zu investieren. Die Süddeutsche Zeitung
       (Freitag) berichtet unter Berufung auf Regierungskreise, eine solche
       freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen sei im Gespräch. Dafür
       würde die Koalition auf die bisher erwogene Zwangsabgabe zusätzlich zur
       Brennelementesteuer verzichten.
       
       Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag beim Besuch des
       Atomkraftwerks Lingen in Niedersachsen von den Konzernen neben der
       Brennelementesteuer von etwa 2,3 Milliarden Euro zugunsten des
       Bundeshaushalts jährlich "einen Beitrag für die erneuerbaren Energien"
       gefordert. Sie sprach aber ausdrücklich nicht von einer weiteren
       Zusatzabgabe.
       
       Noch im Juli hatten Union und FDP neben der Atomsteuer eine weitere Abgabe
       erwogen, um einen Teil der Gewinne abzuschöpfen, die längere Laufzeiten den
       Kraftwerksbetreibern bringen würden. Dies ist auch im Koalitionsvertrag
       vereinbart worden, doch die überraschende, vor allem aus Sparzwängen im
       Juni ins Spiel gebrachte Besteuerung von Brennelementen führte dazu, dass
       die Koalition bei der verstärkten Belastung der Atomkonzerne
       unterschiedliche Modelle diskutierte.
       
       Mittlerweile ist die Regierung laut SZ der Auffassung, dass eine
       Dreifachbelastung der Konzerne aus Steuer, Zusatzabgabe und schärferen
       Sicherheitsanforderungen bei Laufzeitverlängerungen einzelne Atommeiler
       unrentabel machen würde. Den Betreibern winken bei längeren Laufzeiten
       satte Zusatzgewinne - Spekulationen schwanken zwischen 30 und 200
       Milliarden Euro. Allgemein wird aber nicht ausgeschlossen, dass letztlich
       nicht alle der 17 noch laufenden Meiler länger am Netz bleiben, weil gerade
       bei älteren AKWs mit hohen Ausgaben für Nachrüstungen zu rechnen ist.
       
       Am letzten Tag ihrer sogenannten Energie-Reise durch Deutschland will
       Merkel am heutigen Freitag den Neubau des Wasserkraftwerkes Rheinfelden am
       Hochrhein in Baden-Württemberg besuchen. Sie trifft dort auch den Chef des
       Atomkonzerns EnBW, Hans-Peter Villis.
       
       An diesem Freitag sollen mehrere Forschungsinstitute auch die Szenarien für
       den künftigen Energiemix an die Regierung übergeben. Auf deren Grundlage
       will diese dann Ende September ihr Energiekonzept vorlegen, einschließlich
       der Verlängerung der AKW-Laufzeiten über den bisher geltenden Atomausstieg
       mit dem erwarteten Endjahr 2025 hinaus.
       
       Nach Informationen des Handelsblatts (Freitag) aus Regierungskreisen ergibt
       sich aus den Szenarien, dass sich auch ohne längere Laufzeiten die
       Strompreise nicht nennenswert ändern. Ohne eine Verlängerung seien aber
       massive Stromimporte aus dem benachbarten Ausland erforderlich. Es ergebe
       sich jedoch kein zwingender Grund für eine Verlängerung.
       
       Die vier Szenarien mit von der Politik vorgegeben Rahmenbedingungen wurden
       vom Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos, der Gesellschaft für
       Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) und dem von der Atomindustrie
       mitfinanzierten Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln (EWI)
       errechnet.
       
       Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer,
       sprach sich gegen längere AKW-Laufzeiten aus. "Wir sehen in der Atomenergie
       keine Brückentechnologie (bis zu einem vollständigen Ersatz durch
       erneuerbare Energie) und erteilen der beabsichtigten Verlängerung der
       Restlaufzeiten von Atomkraftwerken eine klare Absage", sagte er dem
       Hamburger Abendblatt (Freitag). "Um Deutschland in ein Zeitalter der
       regenerativen Energieversorgung zu führen, macht die Kohle als
       Brückentechnologie viel mehr Sinn als die Kernkraft." Blieben die
       Atomkraftwerke länger am Netz, bremse dies zudem Innovationen der
       Energiebranche.
       
       Die Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt" erklärte: "Wir kritisieren die
       Auswahl der Gutachter, denn wer von Eon und RWE bezahlt wird, kann nicht
       neutral sein. Wir kritisieren die Vorgaben der Bundesregierung für die
       Energieszenarien, denn wer davon ausgeht, dass sich ohne AKWs niemand mehr
       um den Ausbau der Erneuerbaren Energien kümmert, versucht die Ergebnisse zu
       manipulieren."
       
       27 Aug 2010
       
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