# taz.de -- Kommentar Sarrazin: Heilsames Erschrecken
       
       > Sarrzin sorgt für Klarheit: Er ist zweifellos ein Rassist. Die SPD muss
       > sich ein Beispiel am Fall des CDU-MdB Martin Hohmann nehmen und den
       > Banker jetzt ausschließen.
       
 (IMG) Bild: Nein, ein Rassismus-Gen gibt es nicht.
       
       Wird Deutschland immer dümmer? Zumindest was Thilo Sarrazin betrifft, muss
       man diese Aussage wohl bejahen. Statt klug zu werden aus dem Schaden, der
       ihm vor fast einem Jahr durch ein umstrittenes Lettre-Interview entstand,
       legt er jetzt noch einmal nach. Mit seinem Buch gibt er nicht nur seinen
       Gegnern, sondern auch bisher Wohlmeinenden rund 450 Seiten Argumente an die
       Hand, seinen Ausschluss aus der SPD und seine Abberufung als
       Bundesbank-Vorstand zu fordern. Fast muss man Sarrazin dankbar sein, dass
       er so für Klarheit sorgt. Nein, seine bisherigen Ausfälle waren keine
       Ausrutscher, sondern hatten System: Er ist zweifellos ein Rassist.
       
       Anders als andere Islamgegner glaubt Sarrazin nicht nur an einen "Kampf der
       Kulturen" und warnt schrill vor angeblicher "Überfremdung" durch Muslime.
       Er führt kulturelle und soziale Unterschiede zudem hauptsächlich auf
       genetische Dispositionen zurück. Mit diesem Unfug aber hat Sarrazin
       endgültig eine rote Linie überschritten. Die allgemeine Empörung, die jetzt
       von Angela Merkel bis zum Zentralrat der Juden und quer durch alle
       politischen Parteien reicht, ist darum so verständlich wie berechtigt.
       
       Für Deutschland ist der Fall Sarrazin ein heilsamer Schock. Es ist höchste
       Zeit, sich von der Illusion zu verabschieden, rassistische Überzeugungen
       würden stets in Bomberjacke und Springerstiefeln daherkommen. Wie man
       sieht, können sie auch in Bankiersanzügen und in Chefetagen prächtig
       gedeihen.
       
       Der Fall Sarrazin wirft aber zugleich schwierige Fragen auf: Was tun, wenn
       65 Jahre nach dem Verbot von "Mein Kampf" erstmals wieder ein
       rassentheoretisches Traktat in Deutschland zum Bestseller avanciert? Was
       tun, wenn man wie die SPD den Zeitpunkt verpasst hat, Sarrazin rechtzeitig
       aus der Partei auszuschließen? Und was tun, wenn ein Vorstand der
       Bundesbank praktisch unkündbar ist, obwohl er deren Ansehen in der Welt
       gründlich schadet?
       
       Empörung allein reicht da nicht aus - jetzt müssen auch Konsequenzen
       gezogen werden. In vergleichbaren Fällen ist das gelungen. Als der
       CDU-Abgeordnete Martin Hohmann aus Fulda 2003 eine Rede hielt, die
       antisemitische Motive aufgriff, wurde er aus Fraktion und Partei
       ausgeschlossen. Vergleichbare Reaktionen von SPD und Bundesbank sind jetzt
       überfällig. Sie würden deutlich machen, dass Deutschland durch seine
       Geschichte klüger geworden ist.
       
       29 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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