# taz.de -- Ein Jahr Saar-Regierung: Jamaika ohne Sonnenschein
       
       > Skandale plagen die erste schwarz-gelb-grüne Koalition. Der Haushalt ist
       > völlig überschuldet, und vom grünen Programm wurde bisher nichts
       > umgesetzt.
       
 (IMG) Bild: Bei näherem Hinschauen sieht es nicht so gut aus für Saar-Jamaika.
       
       SAARBRÜCKEN taz | Vor einem Jahr waren die Tage von Ministerpräsident Peter
       Müller (CDU) eigentlich gezählt. Bei der Landtagswahl an der Saar verlor
       seine Partei die absolute Mehrheit, SPD, Linke und Grüne hätten gemeinsam
       regieren können. Noch in der Wahlnacht wurde der sozialdemokratische
       Landesparteichef Heiko Maas als der neue Ministerpräsident des Saarlandes
       gefeiert.
       
       Doch die Grünen wechselten in das bürgerliche Lager zur CDU und FDP.
       Parteichef Hubert Ulrich ließ verlautbaren, tiefes Misstrauen gegen die
       Linke mit ihrem wieder an die Saar zurückgekehrten "Altmeister Lafontaine"
       habe die Verhandlungsdelegation zu diesem Schritt bewogen. Mit CDU und FDP
       würde man mehr grüne Inhalte durchsetzen können.
       
       Heute können sich über die schwarz-gelb-grüne Koalition nicht einmal die
       Beteiligten selbst freuen. Eine Krisensitzung war für diesen Montagabend
       angesagt, weil von der grünen Programmatik bisher nichts realisiert ist.
       "Diese Koalition ist eine Koalition der gebrochenen Wahlversprechen",
       schimpft der Linksparteichef des Saarlandes, Rolf Linsler.
       Oppositionsführer Maas spricht von einem verlorenen Jahr für das Saarland,
       das "noch nie so schlecht regiert" worden sei.
       
       Tatsächlich ist von der versprochenen Wende in der Bildungspolitik nichts
       zu sehen. Die Grünen forderten im Wahlkampf sechs Grundschuljahre, davon
       ist die Koalition längst abgerückt. Auch der Kompromiss, ein 5.
       Grundschuljahr, bleibt in der Koalition umstritten. Die FDP ist nur noch
       aus Gründen der Koalitionsraison dafür. Regierungschef Müller macht eine
       Umsetzung davon abhängig, ob die Bevölkerung zustimmt. Für die Einführung
       des Plebiszits und für die neue Schulpolitik braucht Jamaika jedoch die
       Zustimmung wenigstens einer Oppositionspartei, weil für beides die
       Verfassung geändert werden muss.
       
       Alles andere steht sowieso unter Finanzierungsvorbehalt. Das Land ist nach
       elf Jahren Müller rekordverdächtig überschuldet. Bereits gescheitert ist
       die Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes. Das
       Landesverfassungsgericht legte sich quer. Die Richter dort rügten zudem
       Regierungschef Müller, der im Wahlkampf 2009 illegal Landesmittel für
       Wahlkampagnen verwendet habe. Für negative Schlagzeilen sorgt auch der
       Untersuchungsausschuss zur Landtagswahl: Der Unternehmer Hartmut Ostermann
       soll die Jamaika-Koalition mutmaßlich mit Spenden an alle drei Parteien
       zusammengekauft haben.
       
       Bei der FDP liegen längst die Nerven blank, sie fühlt sich an den Rand
       gedrängt. Die Umfragewerte für die Liberalen sacken ab. Sie sind noch mit
       einer Affäre um die Parteistiftung Villa Lessing konfrontiert, es geht um
       Untreue oder Betrug durch bekannte FDPler. Das sei "Sprengstoff" für die
       Koalition, heißt es aus dem Umfeld der Landtagsfraktion der FDP.
       
       K.-P.Klingelschmitt
       
       30 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) K.-P. Klingelschmitt
       
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