# taz.de -- Kommentar Drogenkrieg in Mexiko: Ein Boss ist nicht genug
       
       > Mexikos Polizei hat einen der meist gesuchten Drogenbosse des Landes
       > verhaftet. Doch das reicht im eskalierenden Drogenkrieg nicht aus.
       
       Mexikos Polizei hat einen der meistgesuchten Drogenbosse des Landes
       verhaftet. Das müsste eine gute Nachricht sein. Doch im eskalierenden
       Drogenkrieg Mexikos hält sie bestenfalls einen Nachmittag vor. Denn die
       Drogenkartelle haben sich in ihrer Struktur und ihren Geldflüssen längst
       modernen Wirtschafts- oder Finanzunternehmen angenähert, sie ähneln kaum
       noch früheren, patriarchalisch organisierten Mafiaclans. Innerhalb dieser
       Kartelle aber ist jeder zu ersetzen. Schon bald wird also ein Neuer an die
       Stelle von Edgar Valdez Villareal gerückt sein.
       
       Das Geschäft mit den Drogen ist in ganz Mittelamerika ein zentrales Problem
       - nicht nur wegen der ausufernden Gewalt, die allein in Mexiko täglich
       mehrere dutzend Tote fordert. In manchen Ländern, allen voran El Salvador
       und Guatemala, haben sich Narcos und traditionelle Machtelite längst zu
       einer Regentschaft aus Gewalt und Korruption verbündet, die weder für
       Rechtsstaat noch Demokratie viel Raum lässt.
       
       Die Linke hat das Drogenproblem lange unterschätzt: Sie sah darin bloß
       einen Vorwand, Militäreinsätze der USA zu rechtfertigen. Doch wo
       Drogenmillionen mehr bewirken als staatliche Etats und alles
       zivilgesellschaftliche Engagement zusammen, da ist eine demokratische
       Entwicklung unmöglich.
       
       Warum aber macht sich, wer sonst alles nur aus fairem Handel kauft, keine
       Gedanken darüber, unter welchen Bedingungen sein Haschisch oder Koks
       produziert wird? Drogenhandel vereint alles, was Kapitalismus in seiner
       brutalsten Form ausmacht: Profitgier, Skrupellosigkeit, Gewalt. Kampf gegen
       Drogenhandel ist daher auch ein Kampf für Demokratie.
       
       Bloß: So wird er nicht geführt. Der mexikanische Einsatz des Militärs hat
       mehr zur Eskalation des Konflikts als zur Schwächung der Kartelle
       beigetragen. Die USA schicken jetzt zwar Drohnen an die Grenze, aber
       umfangreiche Präventivprogramme gegen den zunehmenden Drogenkonsum im
       eigenen Land fehlen weiter. Und die globale Finanzwelt gibt sich kaum Mühe,
       Drogengelder aus ihrem Geschäft herauszuhalten.
       
       Eine komplette Legalisierung zumindest weicher Drogen würde einen Teil des
       Marktes trockenlegen. Sie wird in den USA und Europa aber - trotz wichtiger
       Fürsprecher aus Lateinamerika - nicht einmal in Erwägung gezogen. So ist
       der Kampf nicht zu gewinnen. Und ein verhafteter Capo ist dafür einfach zu
       wenig.
       
       31 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
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