# taz.de -- Abzocke: Behörde lässt sich erpressen
       
       > Ex-CDU-Politiker Thorsten Kuhlmann kassiert mit fingierten Wohnungsgrößen
       > und der illegalen Vermietung von Kellerlöchern an Hartz-IV-Empfänger ab.
       
 (IMG) Bild: Kaum Tageslicht: Frank D. im Wilhelmsburger Kellerloch.
       
       Es ist ein Geschäft mit der Not. Einige Hamburger Vermieter haben sich
       darauf spezialisiert, Bruchbuden an von der Obdachlosigkeit bedrohte
       Hartz-IV-Empfänger zu vermieten und dafür horrende Mieten von der
       Hartz-IV-Behörde "Team Arbeit" zu kassieren. "Zu unserem Entsetzen wird da
       von unanständigen Vermietern maßlos überdreht", klagt Team Arbeit-Sprecher
       Horst Weise.
       
       Besonders dick im Geschäft: Thorsten Kuhlmann, einst Vize-Chef der Osdorfer
       CDU und bis vergangenen Februar Mitglied der Bürgerschafts-Deputation, die
       Sozialsenator Diedrich Wersich (CDU) berät. Nach einem Bericht des
       Straßenmagazins Hinz & Kunzt soll der unter Betrugsverdacht stehende
       Kuhlmann jetzt unbewohnbare Kellerräume am Vogelhüttendeich in Wilhelmsburg
       illegal vermietet haben - eine davon an den 50-jährigen Frank D., der nach
       einer Trennung dringend eine Bleibe brauchte. Die Kellerräume verfügen kaum
       über Fenster, die Wände sind von Schimmel befallen.
       
       Aufgeschreckt durch den Bericht setzte sich die Bauprüfabteilung des
       Bezirks Mitte mit der Kuhlmann Grundstücks GmbH in Verbindung, sagt
       Bezirksamtssprecher Lars Schmidt, bekam aber nur zu hören, die
       Kellergewölbe seien "seit Anfang Juli unbewohnt". Nun aber "haben wir
       Hinweise, dass das nicht stimmt", so Schmidt. In den kommenden Tagen soll
       am Vogelhüttendeich kontrolliert werden.
       
       Es ist nicht der erste Fall dieser Art. Lars Schmidt bestätigt, dass die
       bezirklichen Bauprüfer bereits im Frühjahr drei von Kuhlmann vermietete
       Keller am Hammer Berg inspiziert hätten, die gar nicht als Wohnraum
       zugelassen waren und schon deshalb nicht hätten bewohnt werden dürfen. Da
       jedoch nach Einschätzung der Bauprüfer "keine Gefahr für Leib und Leben"
       der Kellerbewohner bestünde, hätte die Behörde abgewogen, "die Mieter nicht
       auf die Straße zu setzen".
       
       Laut Schmidt hat Kuhlmann zugesagt, die drei Kellerunterkünfte wohngerecht
       umzubauen. Eine folgenlose Ankündigung. Entsprechende Anträge lägen bisher
       nicht vor, bestätigt Schmidt. Kuhlmanns Anwälte hätten "mehrfach um
       Fristverlängerung gebeten". Wenn nicht bald etwas passiere, "sei ein
       Ordnungswidrigkeitsverfahren mit einem Bußgeld bis zu 100.000 Euro
       möglich".
       
       Derweil bereitet Anwalt Tobias Beckmann für Team Arbeit zivilrechtliche
       Schritte gegen Kuhlmann vor. Schon jetzt habe sich die Rückforderung
       aufgrund falscher Quadratmeterangaben auf weit mehr als 100.000 Euro
       summiert, rechnet der Jurist zusammen. Außergerichtliche
       Vergleichsgespräche mit Kuhlmann scheiterten bereits. "Es ist eine
       knochenharte Auseinandersetzung, in der Kuhlmann null Entgegenkommen zeigt
       und jeden Missstand bestreitet", sagt Sprecher Weise.
       
       Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mietwuchers und Betrugs gegen
       Kuhlmann. Ein Großteil der 250 Wohnungen, die er übers Amt vermietet, soll
       falsch vermessen sein.
       
       Der Mieterverein zu Hamburg kritisiert derweil, dass Team Arbeit dem
       "Abzocker" Kuhlmann noch immer Steuergeld nachwerfe. Das sei "grob
       fahrlässig und völlig unverständlich", ärgert sich Mietervereins-Chef
       Eckhard Pahlke. Das Problem: Für besonders randständige Hartz-IV-Empfänger
       - etwa Drogenabhängige oder ehemalige Strafgefangene - gibt es keine
       Wohnraum-Alternativen "Wenn wir die Vermieter unter Druck setzen, kommt
       sofort die Drohung, die Mieter auf die Straße zu setzen", klagt Weise. Da
       "die Obdachlosenheime überquellen", so Weise, "sind wir leider erpressbar".
       
       7 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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 (DIR) Hamburg
       
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