# taz.de -- Video der Woche – der Google-Eismann: "Don't be evil?"
> Mit einem animierten Kurzfilm versuchen US-Verbraucherschützer, die
> Datensammelwut von Google aufs Korn zu nehmen. Langsam ändert sich in den
> USA die Haltung zum Datenschutz.
(IMG) Bild: Hüte Dich vor fremden Männern, die Geschenke machen!
BERLIN taz | Im Herbst 2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, erschien in
den USA eine Komödie namens "The Sno Cone Stand, Inc." (zu deutsch etwa:
Die Eisverkäufer Gmbh). Darin hängen drei stress geplagte Börsenmakler ihre
gut bezahlten Jobs an den Nagel und verdingen sich als Eisverkäufer. Dass
ein ähnlicher Schritt auch für Google-Chef Eric Schmidt in Frage kommt, ist
angesichts des Erfolgs seines Unternehmens eher unwahrscheinlich. Ganz
unfreiwillig macht Schmidt aber gerade als Eisverkäufer eine ziemlich gute
Figur – in einem Videoclip.
In dem optisch an Animationsfilme wie "Toy Story" angelehnten Clip sieht
man den Google-Chef am Steuer eines Eiswagens durch eine typisch
amerikanische Vorstadtsiedlung fahren. Sein gesäuseltes Versprechen vom
Gratis-Eis lockt natürlich sofort die ersten Kinder an, die Schmidt
sehnsüchtig anblicken.
Doch der lächelt zurück, aber irgendwie hinterhältig. Denn natürlich ist
das Eis nur ein Lockmittel. Im Hinterteil des Wagens sitzt ein
Google-Mitarbeiter und wertet alle erdenklichen Daten der Kinder aus. "Gib
mir einen kompletten Bodyscan", ordnet Schmidt an. Dann verteilt er das
Eis, die Lieblingssorten sind ihm natürlich längst bekannt.
Spätestens jetzt erinnert man sich an einen zentralen Satz aus Schmidts
IFA-Keynote vom vergangenen Dienstag: "Niemand hat mehr die Qual der Wahl,
wir kümmern uns darum." Der gute Rat, den der falsche Eisverkäufer den
Kindern mit auf den Weg gibt, ist sogar direkt aus einem kontroversen
Interview Schmidts mit dem US-Fernsehsender CNBC zitiert: "Wenn es etwas
gibt, von dem ihr nicht wollt, dass es jemand erfährt, solltet ihr es auch
nicht tun."
Danach verrät er den verdutzten Kleinen noch einige schmutzige Details aus
dem Privatleben ihrer Eltern. Die warten bereits aufgebracht darauf, den
Störenfried aus ihrer Siedlung zu vertreiben. Erst nachdem Schmidt auf
seiner Flucht eine Mülltonne umfährt, wird mit einer Texteinblendung der
Hintergrund des Videos plötzlich klar: "Deine Privatssphäre ist nichts zum
Lachen", heißt es da schwarz auf weiß in der letzten Einstellung.
Hinter dem "Don't be evil?" betitelten Clip stecken die Betreiber von
insidegoogle.com, einer Art Bildblog für den Internetkonzern. Das Video ist
Teil der Kampagne für eine sogenannte "Do Not Track Me"-Liste. Mit der
Liste sollen Google und andere Unternehmen daran gehindert werden,
persönliche Daten von Privatpersonen im Internet zu sammeln. Sogar
spektakuläre Offline-Aktionen nutzen die Macher für ihr Anliegen: Seit
vergangenem Samstag läuft das Stück 36mal pro Tag auf einer riesigen
Leinwand auf dem New Yorker Times Square.
Insidegoogle.com ist ein Projekt der Verbraucherschutzorganisation Consumer
Watchdog. Verbraucher- und Datenschutzfragen waren in den USA viel länger
ein Nischenthema als etwa hierzulande. Auch heute noch sehen viele
US-Bürger ihre private Freiheit eher durch fundamentale Islamisten und
andere Angehörige der ominösen "Achse des Bösen" bedroht als durch
zunehmende Zahl an Datensammlern. Entsprechend unterentwickelt sind die
US-amerikanischen Datenschutzgesetze.
Kein Wunder also, dass bei Youtube viele Kommentatoren den Machern des
Videos Paranoia und überzogene Satire vorwerfen. Ob wirklich 80 Prozent der
Amerikaner die "Do Not Track Me"-Liste befürworten, wie eine im Juli von
Insidegoogle in Auftrag gegebenen Umfrage besagt, darf dann doch bezweifelt
werden.
Die Sensibilität für den Datenschutz wird anscheindend jedoch auch in den
USA langsam größer. Die Zeiten, in denen Eric Schmidt die Beine hochlegen
und gemütlich ein Eis schlecken konnte, sind auch in den USA vorbei.
10 Sep 2010
## AUTOREN
(DIR) Julian Jochmaring
## TAGS
(DIR) Schwerpunkt Überwachung
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Neue Instant-Suchfunktion: Google weiß, was du suchst
Der Internet-Konzern krempelt seine Suchmaschine um: Künftig reichen wenige
Zeichen aus, um erste Resultate zu erhalten. Doch das funktioniert nur,
wenn man Google vertraut.
(DIR) Zukunftsvisionen des Google-Chefs: Die Erweiterung der Menschheit
Zum Ende der IFA hat Google-Chef Eric Schmidt seine Ideen einer digitalen
Zukunft dargelegt. Die bietet viele neue Möglichkeiten - und noch mehr
Daten für Google.
(DIR) Fragen an Google über Streetview: "Verpixelung ist unwideruflich"
Alle schreiben über Google Streetview, taz.de hatte trotzdem noch ein paar
Fragen an Google Deutschland-Sprecherin Lena Wagner - zu Geld,
Datenspeicherung und zur Definition von "Straße".