# taz.de -- Kommentar Sarrazins Rechtsempfinden: Verfassung? Ohne mich!
       
       > Bundesbanker Sarrazin fordert von Wulff, ihm eine "Anhörung" einzuräumen.
       > Es zeigt, dass er es mit dem Grundgesetz nicht zu genau nimmt.
       
 (IMG) Bild: Gut dotierter Abgang: Thilo Sarrazin verlässt den Vorstand der Bundesbank.
       
       Am liebsten stolpert Thilo Sarrazin über sein gesundes Rechtsempfinden.
       Nach "Hartz IV" und "Integration" hat er sich ein neues Opfer gesucht: den
       Bundespräsidenten. Wulff möge, so verkündete Sarrazin in einem Interview,
       den "politischen Schauprozess" gegen ihn nicht "vollenden" und ihm eine
       "Anhörung" einräumen. Der Unterschied zu den bisherigen Debatten ist
       offensichtlich: Diesmal geht es Sarrazin um Sarrazin selbst und um seinen
       Job. Da darf man von einem "Klartextpolitiker" vielleicht wirklich nicht
       erwarten, dass er es mit der Verfassung zu genau nimmt.
       
       Denn Sarrazins Anhörung durch den Bundespräsidenten würde einen klaren
       Verfassungsbruch darstellen. Wulff würde damit seine Rolle
       überstrapazieren. Zwar ist gesetzlich nicht explizit geregelt, wie ein
       Bundesbankvorstand abzuberufen ist. Eindeutig ist aber, dass dem
       Bundespräsidenten bei der Ernennung der Bundesbankvorstände nur ein äußerst
       eingeschränktes Prüfungsrecht der Personalvorschläge zukommt. Warum also
       sollte er bei einer Abberufung plötzlich mehr Macht haben? Der
       Bundespräsident ist weder die verfassungsrechtlich vorgesehene noch
       geeignete Instanz, Anhörungen bei Personalquerelen im Vorstand der
       Bundesbank durchzuführen.
       
       Stattdessen ist es Ausdruck der Unabhängigkeit der Bundesbank, dass ihr
       Vorstand autonom entscheiden kann, wenn sich eines seiner Mitglieder
       schwere Verfehlungen zu Schulden kommen lässt. Ansonsten käme für nähere
       Anhörungen noch jene Institution in Frage, die Sarrazin berufen hat: der
       Bundesrat. Wer nun - wie Sarrazin - eine Prüfung der Abberufung durch den
       Bundespräsidenten fordert, ermuntert diesen letztlich zum Bruch der
       Verfassung.
       
       9 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Vassilios Theodossiou
       
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