# taz.de -- Neues Ungemach für Pakistan: Träume eines Diktators
       
       > Der längjährige Militärherrscher Pervez Musharraf möchte aus dem
       > britischen Exil ins überschwemmte Land am Indus zurückkehren und eine
       > neue politische Partei gründen.
       
 (IMG) Bild: Ein Unglück kommt selten allein: Der ehemalige Armeediktator Pervez Musharraf möchte zurückkehren und eine politische Partei gründen.
       
       Neben all den Mühsalen und Verheerungen, die die Überschwemmungen dem Land
       gebracht haben, droht Pakistan auch noch politisches Ungemach. Der
       ehemalige Armeediktator Pervez Musharraf möchte zurückkehren und vor den
       nächsten Wahlen, die 2013 abgehalten werden sollen, eine politische Partei
       gründen. Später könne er dann ja Premier oder Präsident des Landes werden,
       sagte Musharraf in einem Interview mit der BBC.
       
       "Die Zeit ist gekommen, in der wir eine neue politische Kultur einführen
       müsse, eine Kultur, die Pakistan auf einem demokratischen Weg voranbringen
       kann", sagte Musharraf, der heute in London lebt. "Im Moment hängt
       Dunkelheit über ganz Pakistan. Wir müssen das Licht zeigen, eine umsetzbare
       Alternative aufzeigen, in der die Menschen das Licht sehen und Vertrauen
       schöpfen können."
       
       In Pakistan erwarten Musharraf, der sich 1999 an die Macht geputscht hat
       und erst nach monatelangen Protesten 2008 widerwillig zurückgetreten ist,
       zahlreiche Anklagen wegen der massiven Manipulationen, mit denen er sich
       jahrelang an der Macht gehalten hat. Dazu zählen Wahlfälschungen und
       willkürliche Änderungen der Verfassung. Musharraf erklärte jetzt, die
       Anklagen schreckten ihn nicht von einer Rückkehr ab.
       
       Die Tatsache, dass mit Iftikhar Muhammad Chaudhry der größte Widersacher
       Musharrafs wieder auf dem Posten des Obersten Richters sitzt, dürfte die
       Rückkehr jedoch erschweren. 2007 hatte Musharraf mit dem Rauswurf Chaudhrys
       massive Proteste von Richtern und Anwälten ausgelöst, die letztlich seinen
       Sturz herbeiführten. Spätestens zu dieser Zeit verlor Musharraf die letzte
       Unterstützung, die er bei den Pakistanern noch hatte. Dass sich der
       Armeechef dennoch an seinen Posten klammerte, ramponierte auch das Ansehen
       der Armee, die in Pakistan auf ihren Ruf bedacht ist. Sein Rauswurf kam der
       Armee gewiss nicht ungelegen.
       
       Umfragen, die zeigen, wie unbeliebt der ehemalige Staatschef bei den
       meisten Pakistanern noch heute ist, tut Musharraf mit der Bemerkung ab,
       Umfragen könnten manipuliert werden und seine Beliebtheit nehme zu. Er
       genieße große Unterstützung bei den Nichtwählern.
       
       Das politische Establishment reagierte auf Masharrafs Erklärungen erstaunt
       und belustigt. "Der ehemalige Präsident ist ein Feigling, und er wird nicht
       nach Pakistan zurückkehren", sagte der Anführer der Jamaat-e-Islami, der
       einflussreichsten religiösen Partei des Landes. "Der mutige ehemalige
       Kommandosoldat hat es vorgezogen wegzulaufen, anstatt sich vor Gerichten in
       Pakistan zu verantworten", sagte Siddiqul Farooque, der Sprecher der
       Nawaz-Muslimliga (PML (N)), der größten Oppositionspartei des Landes. "Er
       lebt in einer Traumwelt, wenn er glaubt, dass er wieder Pakistans Präsident
       werden kann."
       
       Musharrafs Ankündigung, sich für die Demokratisierung des Landes
       einzusetzen, musste zwangsläufig Kopfschütteln und Befremden auslösen. Bei
       seinem Putsch im Jahr 1999 gegen den damaligen Premier Nawaz Sharif zeigte
       sich Musharraf wenig demokratisch. Sharif hatte Musharraf seines Amtes als
       Armeechef entheben wollen, nachdem dieser kurz zuvor - offenbar im
       Alleingang - einen kurzen, aber blutigen Krieg gegen Indien losgetreten
       hatte. Im Jahr 2000 tauschte Musharraf dann einen Großteil der ihm nicht
       genehmen Obersten Richter des Landes aus. Die neuen Richter zwang er, einen
       Eid zu schwören, dass sie die Herrschaft der Armee nicht antasten werden.
       Ein Jahr später erklärte Musharraf sich dann selbstherrlich zum Präsidenten
       des Landes.
       
       2002 manipulierte der Geheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) ein
       Referendum und anschließende Wahlen zugunsten Musharrafs. Auch in den
       folgenden Jahren ließ Musharraf keinen Trick aus, um sich an der Macht zu
       halten. Das wäre heute weitaus schwieriger. Pakistans häufig kritisierter
       Präsident Asif Ali Zardari hat vor wenigen Monaten einen wesentlichen Teil
       seiner Befugnisse als Präsident, von denen viele aus der Musharraf-Zeit
       stammen, an Premierminister und Parlament zurückgegeben. Ein
       Alleinherrscher im Stil eines Pervez Musharraf wäre damit gemäß der
       Verfassung heute gar nicht mehr möglich.
       
       12 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sascha Zastiral
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Pakistan
       
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